: Schmiergelder immer beliebter
Korruption gewinnt in Deutschland an Bedeutung und richtet volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe an. Trotzdem steht ihre Bekämpfung, wie die Herbsttagung des Bundeskriminalamtes zeigte, nicht ganz oben auf der Tagesordnung
aus Wiesbaden KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Nachweisbar haben Bestechung und Korruption im vergangenen Jahr in Deutschland mindestens 6,7 Milliarden Euro volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet. Und dahinter stehen nicht mehr „nur einzelne schwarze Schafe in Wirtschaft und Verwaltung“. Darin waren sich Experten aus nationalen und internationalen Strafverfolgungsbehörden, der Finanzwirtschaft, öffentlichen Verwaltungen und verschiedenen wissenschaftlichen Forschungsanstalten einig, die sich auf Einladung des Bundeskriminalamtes drei Tage lang in Wiesbaden mit dem Thema „Wirtschaftskriminalität und Korruption“ beschäftigten. Trotzdem blieben ihre Folgerungen reichlich vage. Am Ende beließ es selbst BKA-Präsident Ulrich Kersten bei allgemeinen Forderungen an die Adresse von Politik und Privatwirtschaft.
So empfahl Kersten dem Staat, aktuell mehr Geld zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität bereitzustellen. Bei den Strafverfolgungsbehörden mangele es an entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern, die zur Behebung des latenten „Erkennungsproblems“ beitragen könnten. Und in Sachen Wirtschaftskriminalität und Korruption sei ohnehin „alles besonders kompliziert und verschachtelt“. Ob nun Geld in die Aufstellung der von den BKA-Spezialisten geforderten Fahndungsteams aus Kriminalisten und Wirtschafts- und Finanzexperten fließen wird, wusste keiner der ebenfalls nach Wiesbaden geladenen Politiker zu sagen. Kerstens Chef, Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), sprach zur Eröffnung lieber über die Bekämpfung des Terrorismus.
Dem Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner, der seit Jahren versucht, den Korruptionssumpf nicht nur in der Mainmetropole trockenzulegen, reichten die unverbindlichen Erklärungen denn auch nicht mehr aus. „Der Pegelstand des Schmiergeldsumpfes ist so hoch wie nie zuvor“, konstatierte Schaupensteiner in seiner Rede zum Thema „Bundeslagebild Korruption“. Er erklärte die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption zur „nationalen Aufgabe“ und verlangte von der Politik die Vorlage eines Gesamtkonzeptes – ähnlich dem bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität. Die Wirtschaft habe dabei im eigenen Interesse mitzuziehen und ihren Beitrag zu leisten. Die Unternehmen sollen auf eine „Anzeigepflicht schon bei Verdacht“ auf kriminelle Handlungen verpflichtet werden. Und der Gesetzgeber müsse es den Strafverfolgungsbehörden auch ermöglichen, den Wirtschaftskriminellen das gesamte illegal erworbene Geld wieder abzunehmen.
BKA-Chef Kersten forderte vor allem die Banken zur „verstärkten Zusammenarbeit“ auf, auch wenn er Verständnis dafür zeigte, dass diese „nicht so gern Internes preisgeben“ wollten. Kersten: „Ich sehe da Verbesserungsmöglichkeiten.“ Über eine Bilanzpolizei zur Nachprüfung der Testate von Wirtschaftsprüfern bestehe dagegen noch grundsätzlicher Diskussionsbedarf.
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