: Prüfer rüffeln Autobahner
Bundesrechnungshof rügt in seinem neuen Bericht Ex-Bundesbauminister Töpfer und seine ehemalige Bremer Kollegin Lemke-Schulte. Der Grund: der Bau der A 281
Was heißt hier eigentlich „vordringlich“? Weil mit diesem Begriff ganz schön viel Geld zusammenhängen kann, hat der Bonner Bundesrechnungshof in seinem neuen Prüfungsbericht das Bundesbauministerium der damals noch schwarz-gelben Koalition gerüffelt.
Thema im 300 Seiten dicken Wälzer des Rechnungshofes: die Notwendigkeit des Baus der Autobahnen A 281 und der sechsstreifige Ausbau der A 27 in den Bremer Norden. Beteiligte: der damalige Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) und sein Bremer Pendant, Ex-Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte (SPD). Schon seit Anfang der 80er Jahre plant die Bremer Bauverwaltung, den etwa 20 Kilometer langen Autobahnring um die City für rund 600 Millionen Euro zu schließen. In der Neustadt haben bereits die Arbeiten für den zweiten Abschnitt begonnen. Und genau das grämt den Bundesrechnungshof.
Als viel „vordringlicher“ war nämlich der sechsspurige Ausbau der A 27 angesehen worden. In dem zehn Kilometer langen Stück zwischen Freihäfen und Burglesum wurden 1995 pro Tag 70.000 Autos gezählt, Prognosen rechnen für das Jahr 2015 mit 80.000. Schon 1986 sollte die A 27 deshalb auf sechs Spuren verbreitert werden. Aber: Die Arbeiten laufen heute noch.
Weil die Bremer Senatorin Lemke-Schulte lieber die Ring-Autobahn 281 wollte, ließ der Bundesbauminister die Autofahrer Richtung Bremerhaven noch eine Weile im Stau stehen. Der Ausbau der A 27 wurde 1993 zunächst zurückgestellt. Dafür wurde der zweite und fünfte Abschnitt der A 281 in den „vordringlichen Bedarf“ der Planung aufgenommen – es geht um die Strecke, die von der A 1 (Anschlussstelle Brinkum) Richtung Neustadt führt.
Jetzt kommt der Bundesrechungshof: Der hat nämlich festgestellt, dass Töpfer den Neubau der A 281 dem Ausbau der A 27 vorzog, „obwohl der vollständige sechsstreifige Ausbau der vorhandenen Autobahn mit Standstreifen für die Belange des Fernverkehrs dringlicher war“. Die A 281 werde „dagegen in hohem Maße auch innerstädtischen Verkehr auf sich ziehen und damit nur eingeschränkt die ihr als Autobahn obliegende Funktion für den Fernverkehr übernehmen.“ Außerdem werde der Autobahnring „frühestens 2012“ geschlossen. Bis dahin könne „der überörtliche Durchgangsverkehr“ die A 281 gar nicht nutzen, der Ausbau der A 27 werde dagegen nur zwei bis drei Jahren dauern.
Zudem müsse bei der „Realisierungswürdigkeit“ berücksichtigt werden, dass der Ausbau der A 27 nur ein Zwölftel des Neubaus der A 281 koste, rügt der Rechnungshof in Berlin weiter. Und zuletzt: Eine Kosten-Nutzen-Rechnung habe ergeben, dass der Ausbau der Autobahn 27 „etwa doppelt“ so wirtschaftlich ist wie der Neubau.
Obwohl beide Strecken aufgrund knapper Mittel in direkter Konkurrenz zueinander gestanden hätten, sei nicht anständig verglichen worden. „Der Bundesrechnungshof erwartet deshalb“, heißt es in dem Bericht, „dass das Bundesministerium künftig bei konkurrierenden Maßnahmen innerhalb des ‚Vordringlichen Bedarfes‘ eine stärkere Prioritätenreihung vornimmt.“
Ende gut, alles gut: Schließlich konnte für beide Strecken genug Geld aufgetrieben werden, die A 27 wird sogar schneller fertig als die A 281. Und der Rechnungshof hat seine Daseinsberechtigung mal wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Kai Schöneberg
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