: Diese Bank ist weiblich
Die Gründerinnen von Deutschlands erster Online-Frauenbank haben ihren Emissionsprospekt herausgebracht. Schwerpunkt: Vergabe von Mikrokrediten an Frauen. Lizenz kostet fünf Millionen
von BEATE WILLMS
Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Ganz schön dumm, finden Angelika Huber und Astrid Hastreiter. Das liegt vor allem daran, dass sie eine ganz andere Art von Bank im Sinn haben als Bertolt Brecht in seiner Dreigroschenoper: Sie wollen eine Bank gründen, die nicht nur in ökologisch-ethische Geldanlagen investiert, sondern sich auch als politisches Projekt versteht und zu 90 Prozent auf eine von den großen Banken weitgehend ignorierte Zielgruppe – Frauen – hinarbeitet. Frauenbank.de AG heißt das Experiment. Gerade ist der Emissionsprospekt erschienen.
Einen konkreten Anlass für ihre Entscheidung können die beiden Frauen nicht nennen. Wohl aber jede Menge Gründe. Zum Beispiel, dass Frauen ein gespaltenes Verhältnis zu Banken haben. Diverse Umfragen bestätigen sogar, dass viele eine regelrechte Abneigung haben, sich überhaupt mit dem Thema Geld zu beschäftigen – was Finanzberaterin Svea Kuschel, Aufsichtsrätin der frauenbank.de in Gründung, bereits zu Ratgebern wie „Frauen leben länger – aber wovon?“ inspiriert hat.
Umgekehrt ist das Verhältnis allerdings auch nicht besser, obwohl Kreditnehmerinnen als vertrauenswürdiger gelten, Existenzgründerinnen weniger oft Pleite machen und Aktieninhaberinnen weniger riskant zocken als ihre männlichen Pendants. Nur drei Prozent der Kreditsumme, die über Banken vergeben werden, gehen an Frauen. Die Erklärung ist einfach: Sie beantragen seltener und geringere Darlehen. Selbst wenn sie ein Unternehmen gründen, kommen sie oft mit kleinen Summen aus. Meist geht es um 2.500 bis 15.000 Euro. Diese Größenordnung ist bei den Banken unbeliebt – im Vergleich zu den Zinsen ist der Verwaltungsaufwand schlicht zu groß. Diese Lücke will die frauenbank.de füllen.
Als potenzielle Kundinnen gelten vier Zielgruppen, die Huber saving, participating, enterprising und changing women nennt. Gemeint sind Frauen, die für ihr Alter vorsorgen wollen, die an ökologischen oder auch frauenprojektbezogenen Beteiligungen interessiert sind, Existenzgründerinnen und Frauen in speziellen Lebensphasen wie Scheidungen oder am Beginn einer Ausbildung.
Zumindest die ersten beiden Zielgruppen sollen, wenn es nach Huber geht, nicht mehr lange warten müssen: „Bis wir Kredite vergeben können, kann es dauern, aber mit der Anlageberatung wollen wir möglichst schnell einsteigen.“ Bis zum Frühjahr will sie gemeinsam mit Hastreiter bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Banklizenz beantragen können. Dafür brauchen sie mindestens fünf Millionen Euro Startkapital und müssen „Erfahrung, Kompetenz, Glaubwürdigkeit und ein einwandfreies Führungszeugnis“ nachweisen. „Die Qualifikation ist das geringste Problem“, meint Huber.
Und auch beim Kapital ist sie guter Hoffnung. Seit Ende September ist der Emissionsprospekt draußen, die 1.300 AktionärInnen, die bislang zwei Millionen Euro gezeichnet haben, werden nun schriftlich zur Kasse gebeten. Und nach allen Erfahrungen mit geldanlegenden Frauen sind die Gründerinnen sicher, dass der Großteil das Geld auch tatsächlich einzahlen wird. „Wenn Frauen sich entschieden haben, sind sie in der Regel sehr verbindlich.“ 200.000 Euro liegen bereits auf dem Treuhandkonto. Jetzt wollen die Frauenbankerinnen über Venture-Capital-Veranstaltungen an GroßaktionärInnen herantreten.
Gleichzeitig beginnt der Personalaufbau. In München soll die Zentrale mit der Geschäftsleitung angesiedelt sein. Und obwohl die frauenbank.de als beratende Direktbank, also ohne Filialnetz an den Start gehen will, soll es überall in der Republik „persönliche Anlaufstellen“ geben – etwa in den Repräsentanzen der Umweltbank und der GLS, möglicherweise aber auch bei Finanzdienstleistern mit Schwerpunkt ethisches Investment.
Denn der Schwerpunkt der Geldanlagen soll auf dem Bereich Ethik liegen. Eine Produktgruppe ist derzeit dabei, Kriterien für die Anlagen zu entwickeln, Ökologie und Beschäftigungsorientierung sollen dabei eine Rolle spielen. Das Portfolio soll später von einem eigenen Ausschuss gemanagt werden.
Der Zeitplan, nach dem die Bank bereits in diesem Jahr starten sollte, ist längst überholt. Jetzt hoffen die Frauen aufs Frühjahr. „Aber vielleicht ist das völlig aus der Luft gegriffen“, sagt Huber.
Wenn die Lizenz einmal da ist, kann alles sehr schnell gehen. Die Frauenvermögensverwaltungs AG, die im Juni als Vorstufe für die Frauenbank gegründet wurde, ist so konstruiert, dass sie nur umfirmiert werden muss.
Wer sich an der Frauenbank beteiligen möchte, hat zwei Möglichkeiten: Aktien oder stille Beteiligungen. Die Mindestbeteiligung am Kapital der Bank beträgt 250 Euro – 40 Aktien zu je fünf Euro Nennwert plus einem Ausgabeaufschlag von 25 Prozent. Auch Gemeinschaftsaktien sind möglich. Das Geld geht auf ein Treuhandkonto, sodass keine Gefahr besteht, dass es verloren geht, wenn das Vorhaben scheitern sollte. Eine ursprünglich angestrebte Verzinsung ist allerdings auch nicht möglich.
Stille Beteiligungen in Höhe von insgesamt 5,5 Millionen Euro sollen dagegen die Gründungs- und Aufbaukosten decken helfen. Sie fließen direkt an die Frauenvermögensverwaltung AG. Dafür werden die InhaberInnen am zu erwartenden negativen Ergebnis der Gründungsphase beteiligt, das über Verlustzuweisungen steuermindernd geltend gemacht werden kann. Die Mindesthöhe beträgt 5.000 Euro plus ein Aufgeld von fünf Prozent, also insgesamt 5.250 Euro.
Für den Anfang rechnen die Gründerinnen mit einem Minus, aber nach zwei, drei Jahren Anlaufzeit, so die Prognose, könnte es Dividenden geben.
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