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wer hat angst vor der fdp? von WIGLAF DROSTE

Jürgen W. Möllemann sieht aus wie ein Friseur und redet auch so. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon verschaffe den Antisemiten in Deutschland Zulauf, behauptet der Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft – ganz so, als bräuchten Antisemiten zum Antisemitischsein Gründe oder auch nur Hilfestellung. Antisemitismus nährt sich aus sich selbst und braucht keine Juden. Das könnte sogar der Fallschirmspringer Möllemann wissen, wenn er wollte. Er will aber nicht – sondern lieber mit dem Zeug hausieren gehen, das Minderwertigkeitskomplexies gern hören: dass die Juden selbst schuld seien, wenn man sie nicht möge. Scharon schürt aber keine Ressentiments gegen Juden, sondern beweist nur, wie so viele Militärs vor ihm, dass Soldaten als Politiker völlig ungeeignet sind. Michel Friedman ist laut Möllemann ebenfalls ein Großförderer des Antisemitismus; Friedmans laut Möllemann „intolerante und gehässige Art“ soll harmlose Deutsche in Judenhasser verwandelt haben. Auch das ist eine antisemitische Projektion. Es gibt ja jede Menge Gründe, Michel Friedman eklig zu finden; keiner davon hat damit zu tun, dass er Jude ist. Friedman ist als TV-Existenz distanzlos, selbstverliebt und aufdringlich, und seine strizzihafte Öligkeit mag der Abneigung gegen sizilianische Olivenölproduzenten förderlich sein. Wer aber Antisemit sein will, braucht dazu keinen Friedman, sondern schafft das ganz alleine.

Das wissen auch Möllemanns grüne Kritiker. Da aber Wahljahr ist und die Grünen die Hosen voll haben vor ihrer schäbigen Konkurrenz, treten sie eine eher peinliche Tu-gut-Kampagne los. Claudia Roths Anzeige gegen Möllemann ist eine Wahlkampfmaßnahme unter vielen, so substanziell wie ihr Gespräch mit der Brigitte-Schreiberin Meike Dinklage, das zu solchen Einsichten führt: „Diese Augen. Puppengroß und glänzend“, schreibt Frau Dinklage. Was meint sie? Groß wie Puppenaugen oder groß wie Puppen? Handelt es sich um Fingerpuppen oder um Schaufensterpuppen? Egal, die Umnachtung dauert an: „Wer so guckt wie Claudia Roth, so aus der gefühlten Mitte heraus …, der muss einfach ein grundehrlicher Mensch sein.“ Aus der gefühlten Mitte heraus in die Welt hineinlugen, das kann nur Claudia Roth, die Gründerin der Ersten Emotionale. Und wird von Brigitte so dafür belohnt: „Das Gefühlsechte hat sie gelernt.“

Möllemanns antisemitischer Minenhund Jamal Karsli war ein Grüner, bevor er die Fahne wechselte. Da die Grünen den Außenminister stellen, möchten sie davon nichts mehr wissen, sondern Gewinn ziehen aus großen Empörungsgesten. Statt die FDP sich selbst zu überlassen, spielen sich die Grünen wieder einmal als moralischer Außenbordmotor auf. Die sind so am Ende, die haben sogar Angst vor dem Saddam-Hussein-Double Möllemann.

„Vor Antisemitismus ist man nur noch auf dem Monde sicher“, sagte Hannah Arendt. Um der schalbehangenen Tante Penetrante Claudia Roth zu entgehen, muss man wohl noch ein bisschen weiter fliegen als zu den fernen Sternen.

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