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welthungerkonferenzSchafft die UN-Gipfel ab!

Muss das sein? Da reisen 74 Staats- und Regierungschefs, 248 Minister und Vertreter von 650 Nichtregierungsorganisationen für vier Tage nach Rom, um offiziell festzustellen, dass sie seit ihrer letzten Zusammenkunft vor fünfeinhalb Jahren nichts geleistet haben. Sie eröffnen ihre Folgekonferenz zum Welternährungsgipfel von 1996 mit einem opulenten Festessen und verabschieden danach als Erstes eine Abschlusserklärung, in der sie ihr Bedauern darüber äußern, beim Kampf gegen den Welthunger bisher gescheitert zu sein. Und dann tagen sie noch mehrere Tage weiter, damit kein Teilnehmer ohne Redegelegenheit abreisen muss.

Kommentarvon DOMINIC JOHNSON

Der gestern beendete Welternährungsgipfel in Rom ist nicht die einzige solche Veranstaltung. Im August droht ein noch viel größerer UN-Gipfel über nachhaltige Entwicklung in Johannesburg. Er ist wie der Hungergipfel eine Folgeveranstaltung, diesmal zur Bilanzierung der nicht erreichten Fortschritte seit dem berüchtigten Rio-Gipfel von 1992.

Der Grund für diese Treffen ist einfach. Irgendwann merkten die Politiker der Welt, dass hehre Gipfelbeschlüsse nichts bringen, wenn es keinen Mechanismus zur Überprüfung ihrer Umsetzung gibt. Und was wäre dafür besser geeignet als die Festlegung eines Termins, zu dem man sich erneut trifft? Fast jeder UN-Gipfel, der etwas auf sich hält, endet heute mit der Einrichtung einer Folgekonferenz. Und da es von Kinderhandel bis Kleinwaffen immer mehr globale Themen gibt, die sich für UN-Gipfel eignen, und jeder davon Folgekonferenzen ohne Ende nach sich zieht, werden Politiker bald nur noch von einem Gipfel zum nächsten reisen und Jubiläen früherer Treffen begehen.

Es ist ein schändlicher Zirkus, und er gehört abgeschafft. Zahlreiche internationale Programme zur Versorgung von Hungernden und Flüchtlingen, zur Finanzierung von Bildungs- und Gesundheitsprogrammen und zum Wiederaufbau von Kriegsregionen könnten mit den Reise- und Fressetats finanziert werden, die heute in den Gipfelreigen fließen. Es gibt UN-Hauptquartiere in New York und Genf mit permanenten Vertretern aller Staaten und wichtigen Organisationen, in denen alle nötigen Reden gehalten, Debatten geführt, Beschlüsse gefasst, Maßnahmen überprüft werden können. Welche Regierung hat den Mut, als Erste einen Boykott von UN-Gipfeln zu verkünden und die eingesparten Gelder transparent zur Bewältigung der beklagten Missstände einzusetzen?

brennpunkt SEITE 5

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