: was macht eigentlich ...Volker Weingraber?
Wein
Es ist wieder einmal ein Beispiel dafür, wie wenig man dem eigenen Namen entkommt. So heißen unzählige deutsche Bäckermeister mit Nachnamen Bäcker oder vielmehr Becker. Nicht von ungefähr unterzeichnet auch der innenpolitische Sprecher der CDU seine Briefe mit „Gewalt“. Und in Charlottenburg bietet ein Mann namens Dr. Leistenschneider seine Dienste an. Er ist natürlich Urologe.
Was Wunder also, dass Herr Weingraber – mit vollem Namen Volker Weingraber Edler von Grodek – sich in der Toskana den Reben widmet. Allerdings: Er könnte es nicht ohne die zahlungskräftige Unterstützung des Landes Berlin. Weingraber ist hier besser unter seinem Alias „Wien“ bekannt. Als Spitzel des Verfassungsschutzes horchte er in den 70er Jahren die „Bewegung 2. Juni“ aus. Den Anarchisten wird unter anderem die Ermordung Ulrich Schmückers 1974 im Grunewald angelastet. Die sollen den V-Mann mit Hilfe von Weingraber als Verräter enttarnt haben. Diese Tat – eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte des Berliner Verfassungsschutzes – konnte nie restlos aufgeklärt werden. Soweit es sich vor Gericht überhaupt rekonstruieren ließ, hat der Geheimdienst seinen V-Mann Schmücker sehendes Augen ins Messer laufen lassen und Weingraber dafür benutzt, die Tatwaffe zu verstecken zu können – bis heute ist kein Täter verurteilt. Eine Geschichte, die mehr nach Le Carré klingt als nach der Wirklichkeit. Dementsprechend peinlich war sie dem Landesverfassungsschutz, als sie aufflog. Weingraber wurde schnellstens nach Italien geschafft, wo er fortan ein Weingut bestellte. Doch auch das war nicht klandestin genug, und der Exspitzel bekam aus Berlin fast eine halbe Million Mark, wenn er vollends von der Bildfläche verschwinde. Doch Weingraber machte seinem Namen die Ehre, nahm das Geld und widmete sich weiter den Reben. Das war 1987.
Weil er es aber in den Augen der Finanzverwaltung zweckentfremdete, hat die das Geld – mit Zinsen 600.000 Mark – zurückgefordert. Damit ist sie laut Spiegel nun vor dem Landgericht Florenz gescheitert. Dafür geht Weingraber nun in die Offensive. Er will seinen eigentlichen Namen wieder verwenden. Ob das KaDeWe bald die Marke „Edler von Grodek“ im Weinsortiment führt? KAB/SYMBOLFOTO: RTR
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