piwik no script img

von Andreas Rüttenauer Editorial

Es wird gerade wieder viel darüber diskutiert, wie der Osten wurde, was er ist. Bei der Stärke der AfD, die schon vor fünf Jahren fast ein Viertel der Stimmen in Sachsen-Anhalt geholt hat, wird jede Abstimmung auch ein Votum über die Demokratie als Staatsform. Und schnell wird die Landtagswahl in einem Bundesland mit ein bisschen mehr als 2 Millionen Einwohnern zu einem Votum über das politische System erklärt. Steht es wirklich so schlecht um die Demokratie in diesem Bindestrichland?

Zivilgesellschaftliches Engagement, das sei es, was fehle im Osten, heißt es immer wieder – meistens aus dem Westen. Das kann nur sagen, wer nicht genau hinsieht. Da ist der Konfliktmanager in der kleinen Gemeinde auf dem flachen Land, die Aktivistin, die gegen Rassismus kämpft, und die Soligruppe, die den Dönerladen in Halle, der zum Schauplatz eines der schrecklichsten rechtsextremen Verbrechen in der Geschichte Deutschlands geworden ist, zum Café ummodelt und so einen belebten Gedenkort schafft. Es tut sich etwas.

Ein sorgenvoller Blick in Richtung CDU mag angebracht sein, weil nicht gewiss ist, ob sich alle in der Partei wirklich abgestoßen fühlen von der AfD. Sie kämpft um ihren Ruf als Sachsen-Anhalt-Partei. Es geht um Identität. Mit der ist es so eine Sache in dem Gebilde, das da nach der Wende wieder zum Bundesland zusammengeschraubt worden ist. Wer fühlt sich schon als Sachsen-Anhalterin? Da ist man eher schon Magdeburgerin, Hallenser oder fühlt sich der Altmark zugetan. Hübsche Blüten treibt das bisweilen. Magdeburg und Halle befinden sich in einem Streit, der so schön ist, dass er so schnell nicht enden möge.

Karamba Diaby wird man nach Lektüre des Interviews mit ihm gewiss als eingefleischten Hallenser bezeichnen dürfen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete, der grauenvolle Erfahrungen mit dem Rassismus seiner Mitmenschen gemacht hat, geht an die Saale, wenn er es sich gut gehen lassen möchte. Man kann sich also zu Hause fühlen in Sachsen-Anhalt. Eigentlich selbstverständlich – und doch auch wieder nicht.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen