taz NRW II: Es ging nicht mehr
Klar, das Aus für die taz NRW ist bitter für uns alle. Warum die Entscheidung dennoch unumgänglich war.
BERLIN taz Es war die schwerste Entscheidung in gut sieben Jahren als gewählter Mitarbeiter im taz-Vorstand: Der NRW-Teil, so entschied unser fünfköpfiges Gremium am 2. Juli nach fast fünf Stunden Debatte, kann nicht weitergeführt werden. Zum 31. August wird den KollegInnen gekündigt, die letzte Ausgabe der taz nrw ist am vergangenen Mittwoch erschienen. Der Versuch, im bevölkerungsreichsten Bundesland die taz nicht nur als überregionale, sondern auch als lokale und regionale Zeitung zu etablieren, ist an der Wirtschaftlichkeit gescheitert. Die taz hat finanziell einen zu kurzen Atem gehabt, um den publizistisch erfolgreich begonnenen Weg zu Ende gehen zu können. Mittendrin haben wir schlapp gemacht.
Die Reaktionen der LeserInnen kamen prompt: traurige und enttäuschte Anrufe und Mails; Unverständnis und Wut über die Entscheidung im fernen Berlin; Drohungen, das Abonnement zu kündigen, wenn der Beschluss nicht zurückgenommen werde.
Man trifft als Vorstand so einen Beschluss nicht eben mal so, sondern dann - und nur dann -, wenn man ihn für absolut unumgänglich hält. Viele haben geschrieben, der Vorstand habe NRW um Abos betrogen, in Wirklichkeit gebe es viel mehr und man habe sich doch solche Mühe gegeben. Mühe gegeben haben sich in der Tat sehr viele, allen voran die KollegInnen der NRW-Redaktion. Seit Jahren haben sie unter schlechten Bedingungen die Zeitung gemacht und in den vergangenen Monaten noch eine Kampagne auf die Beine gestellt, wie sie die taz selten gesehen hat - kreativ und vielfältig, lustig und tazzig. Nur: Der Vorstand ist ja nicht der Schiedsrichter einer bunten Spielshow im Nachmittagsfernsehen, der am Schluss eigenmächtig entscheiden kann, welche Punkte jetzt anerkannt werden. Wir brauchten mindestens 1.000 bezahlte Vollabos mehr als zuvor, um die Verluste so zu strecken, dass wir mit dem restlichen Kapital der Entwicklungs-KG noch ins nächste Jahr kommen könnten. Dann wären weitere Zuwächse notwendig gewesen. Dieses Ziel ist so weit verfehlt worden, dass alle Bemühungen, sich das Ergebnis schönzurechnen, verantwortungslos gewesen wären.
Die taz hat in die Entwicklung des NRW-Teils viel Geld investiert. Als mit dem Wegfall der Steuerersparnis klar war, dass die geplante Investitionssumme nicht erreicht werden würde, haben wir an der Kostenseite gedreht, die lokalen Fenster Köln und Ruhr geschlossen, die beiden Redaktionsbüros in Köln und Bochum aufgelöst und die Redaktion in Düsseldorf vereint. All das hat die Verluste von rund 600.000 Euro (2003) auf rund 300.000 Euro (2006) heruntergeschraubt. Aber auch die wollten finanziert sein. Das akquirierte Kapital ist aufgebraucht, der notwendige Zuwachs an Abo- und Anzeigenerlösen stellte sich nicht ein. Wollten wir einst den NRW-Teil, um die Auflage zu steigern, brauchten wir jetzt mehr Auflage, um den NRW-Teil zu halten. Die bittere Wahrheit: Die taz nrw wurde von ihren treuen LeserInnen hoch geschätzt und geliebt, von der Mehrheit auch der potenziellen taz-LeserInnen in NRW aber, wie die taz insgesamt, links liegengelassen.
Mag sein, dass dieses Interesse mit den Jahren zu entwickeln gewesen wäre. Mag sein, dass es niemals funktioniert hätte. Wir konnten den Beweis nicht antreten. Das ist bitter und enttäuschend. Wie wichtig in der publizistischen Wüste NRW eine linke, unabhängige Zeitung ist, hat die NRW-Redaktion bewiesen. Daran hat sich nichts geändert. An der Schwierigkeit, das zu bewerkstelligen, aber eben auch nicht.
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