taz-Adventskalender (16): „Unabhängigkeit ist ein Privileg“

Die taz präsentiert in ihrem Adventskalender BerlinerInnen, die für etwas brennen. Hinter Türchen 16: Doris Benjack, Gründungsmitglied der taz-Genossenschaft.​ ​

Es ist die Zeit der Geschenke und Adventskalender Foto: dpa

taz: Doris, wäre die Medienwelt eine bessere, wenn alle Zeitungen, wie die taz, einer Genossenschaft gehören würden?

Doris Benjack: Auf jeden Fall wäre sie unabhängiger. Dass die Redakteure hier keinen Konzerninteressen unterworfen sind, das ist ja ein großes Privileg in der Medienwelt. Das ist eine Freiheit, die vielen jüngeren Mitarbeitern vielleicht auch gar nicht mehr so bewusst ist. Aber sobald es einen Investor oder eine Aktiengesellschaft gibt, kann da jemand über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg bestimmen. Bei der taz ist die Macht hingegen gut verteilt, auf mehr als 17.000 Genossen. Da kann jeder einen Leserbrief schreiben und sagen, was ihm oder ihr nicht passt – aber dass da einer oben sitzt und den Daumen hebt oder senkt, das geht eben nicht.

Du gehörst zu den Gründungsmitgliedern der taz-Genossenschaft. Damals, vor 25 Jahren, wurde unter den MitarbeiterInnen genau darüber heftig diskutiert: Soll ein Investor die taz sanieren oder gründen wir eine Genossenschaft?.

Die Diskussionen waren heftig. Es gab eine nicht gerade kleine Gruppe, die dachte: Ein Investor ist der Heilsbringer. Aber dann haben wir doch mit knapper Mehrheit die Genossenschaft durchgesetzt.

Das Genossenschaftsmodell mag die richtige Entscheidung für die Zukunft dieser Zeitung gewesen sein – für viele MitarbeiterInnen bedeuten die geringen Löhne, die das Genossenschaftsmodell mit sich bringt, aber auch eine fehlende Absicherung, vor allem im Alter.

Klar, das ist ein kritischer Punkt. Ich werde auch zu denen gehören, die weit ins Renten­alter hinein noch einen 500-Euro-Job brauchen, um ihren Lebensstandard halten zu können.

Doris Benjack

63, in Göttingen geboren, hat Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin und Pädagogik in Münster studiert. Die Diplom-Politologin arbeitet seit 1979 bei der taz. Sie hat das Korrektorat mit aufgebaut, war langjährige Betriebsrätin und ist heute im EDV-Service tätig. Außerdem betreut sie die PraktikantInnen in der taz.

Hast du vor 25 Jahren, als du für das Genossenschaftsmodell gestimmt hast, schon so weit gedacht?

Nein, das war mir egal. Da fordert der alte Idealismus nun vielleicht sein Opfer. Aber ich bereue das nicht. Ich habe eher das Gefühl, mit dem Alter wird man wieder radikaler. Die taz ist mir heute oft zu – lau. Und man muss ja auch sehen: Es gibt sehr viele Menschen, die sind noch weitaus schlechter dran als die taz-Mitarbeiter. Ich bin außerdem immer noch optimistisch, dass sich bei der taz in der Hinsicht etwas ändert.

Worauf hoffst du?

Es gab auf der letzten Genossenschaftsversammlung einen Beschluss, dass altgedienten Mitarbeitern eine Zulage ausgeschüttet werden soll, wenn sie in Rente gehen. Ich fände natürlich gut, wenn das umgesetzt werden würde.

Interview Anna Klöpper

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