powell im nahen osten: Arabische Welt misstraut USA
US-Außenminister Colin Powell trifft bei seiner gegenwärtigen Nahostreise auf eine vollkommen desillusionierte arabische Welt. Der Glaube an Amerikas Rolle als ehrlicher Makler im Nahostkonflikt ist in den vergangenen zwei Wochen angesichts der israelischen Offensive in den palästinensischen Gebieten endgültig verloren gegangen. Schon bei seiner ersten Station in Marokko musste sich Powell vom dortigen König Muhammad IV. die Frage gefallen lassen, warum er eigentlich zuerst ins nordafrikanische Königreich gereist ist, anstatt direkt nach Israel.
Kommentarvon KARIM EL-GAWHARY
Dass zwischen Bushs Ankündigung der Entsendung Powells und dessen Ankunft in Israel am Donnerstag eine ganze Woche vergeht, kann eigentlich nur auf eine Weise interpretiert werden: Die USA haben Scharon grünes Licht gegeben, die Zeit zu nutzen, um die Zerschlagung der Intifada und der palästinensischen Selbstverwaltung zu vollenden. Wie anders kann es auch verstanden werden, wenn etwa US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice erklärt, die USA wünschten zwar den Rückzug Israels, sie hätten aber auch Verständnis dafür, wenn dieser nicht hektisch oder chaotisch vonstatten geht.
Mehr noch: Israel kann bei seiner nächsten Offensive gegen den palästinensischen Aufstand dank US-Militärhilfe noch effektiver vorgehen. Vor zwei Wochen lief in den USA der erste für Israel bestimmte S-70A-55-Black-Hawk- Transporthubschrauber vom Band. Aber davon soll bei Powells Mission keine Rede sein. Halten wir uns an Bushs letztes Wort zu Nahost: „Genug ist genug“. Powell kommt nach Israel, um den Worten seines Chefs Nachdruck zu verleihen.
Immerhin ist jetzt klar, dass Powell sich doch mit Palästinenserchef Arafat in dessen selbstverwaltetem Territorium treffen will, das derzeit nicht mehr als die 40 Quadratmeter seines Büros umspannt. In der arabischen Welt wird dennoch befürchtet, dass Powell nur die von Israel militärisch neu geschaffenen Realitäten zur Verhandlungsmasse machen und nur neue Sicherheitsarrangements treffen will.
Solche Arrangements mit folgendem Waffenstillstand wären aber das Papier nicht wert auf dem sie stehen. Ohne eine politische Lösungsperspektive bleibt der Konflikt bestehen. Vielleicht könnte das neue „Ideenpapier“ von Außenminister Joschka Fischer bei einer Lösung des Konfliktes weiterhelfen, das er beim Außenministertreffen der EU am Montag vorstellen will. Immerhin soll auch dem US-Außenminister dieses Papier nicht ganz unbekannt sein.
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