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portrait(s)Die Frau mit zwei Leben

Petra Hinz, Ex-SPD-Abgeordnete mit gefälschter Vita Foto: SPD

Eigentlich müssten hier zwei Porträts stehen. Eines über Petra Hinz, die Juristin und Bundestagsabgeordnete der SPD. Das andere über Petra Hinz, die Lügnerin.

Fangen wir mit Letzterer an. Am Dienstag gibt Hinz über ihren Anwalt eine schriftliche Erklärung ab. Seine Mandantin, steht da, habe ihren Lebenslauf geschönt. Die SPD-Abgeordnete habe anders als stets behauptet „keine allgemeine Hochschulreife erworben. Sie hat darüber hinaus kein Studium der Rechtswissenschaften absolviert und auch keine juristischen Staatsexamina abgelegt.“ Auch die Angaben über eine Tätigkeit als Anwältin in einer Kanzlei, als Juristin im Management eines Konzerns und über freiberufliche Tätigkeiten – alles erfunden.

Selbst wenn der Anwalt am Ende betont, Petra Hinz bitte „von Herzen um Entschuldigung“ – das Eingeständnis einer Lebenslüge bedeutete nichts weniger als das Ende der Abgeordneten Hinz. Seit elf Jahren sitzt sie für die SPD im Bundestag. Die BürgerInnen haben sie natürlich auch gewählt, weil Petra Hinz Juristin zu sein schien. Eine Abgeordnete, die etwas von Recht und Gesetz versteht, das wirkte honorig und vertrauenerweckend. Ihre Fraktion wählte sie in den Haushalts- und in den Rechnungsprüfungsausschuss.

Aber nun ist Petra Hinz eine andere Person. In ihrem eilig aktualisierten Lebenslauf auf bundestag.de finden sich nur noch dürre biografische Angaben. Geboren 1962 in Essen, 1980 SPD-Eintritt, 1983 Fachabitur mit anschließendem Praktikum bei der Sparkasse, 1985 bis 1987 Ausbildung zur Teammoderatorin. Das war’s. Ein Lebenslauf voller Lücken und Schatten, die wohl in den kommenden Tagen ausgeleuchtet werden.

Herausgekommen ist all das dank der Recherche des lokalen Netzmagazins Informer. Ein Journalist war einem Hinweis aus der Essener SPD nachgegangen. Mit Fragen nach ihrem Lebenslauf konfrontiert, reagierte Frau Hinz unwirsch. Sie sprach von verleumderischer Diffamierung und forderte ihre Partei auf, den Denunzianten hinauszuschmeißen.

Es ist anders gekommen. Am 18. Juli hat Petra Hinz ihren Verzicht auf eine erneute Bundestagskandidatur erklärt, am 20. Juli hat sie ihr Abgeordneten­mandat niedergelegt.Anja Maier

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