portrait: Marienfromm, romhörig, gnadenlos
Seinen lange Zeit wohl peinlichsten Auftritt hatte der damalige Bischof von Eichstätt kurz nach Weihnachten des Jahres 2001: Im Gepäck von Walter Mixa, der als katholischer Militärbischof die deutschen Truppen in Mazedonien besuchte, fand der Zoll am Flughafen Skopje 400.000 Mark (205.000 Euro) in bar. Es war Geld aus der grauen Spendenkasse eines mazedonischen Amtsbruders. Maximal 2.500 Euro hätte Mixa legal ausführen dürfen.
Noch peinlicher als dieser Auftritt ist der neueste Fauxpas Mixas, der seit 2005 Bischof von Augsburg ist: Obwohl der Ausbau der Kinderbetreuung eine alte Forderung der Deutschen Bischofskonferenz ist, greift Mixa genau diese Politik der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) nun heftig an. Die geplante Verdreifachung der Betreuungsplätze für unter Dreijährige sei „kinderfeindlich und ideologisch verblendet“. Frauen würden zu „Gebärmaschinen“ degradiert, sagt er. Im Hause von der Leyens „herrschen immer noch die alten sozialistischen Vorstellungen, die von der neuen Familienministerin jetzt mit dem Etikett ‚christdemokratisch‘ geadelt werden“, meint Mixa. Die Ministerin verbiss sich jeden Kommentar.
Die Politikerin aus der Partei mit dem C erhält zwar Beifall vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken, aber mit den Laien in seiner Kirche kann Mixa sowieso wenig anfangen: Eine seiner ersten Amtshandlungen als Bischof von Augsburg war es, ihre Zahl in den Entscheidungsgremien seines Bistums zu verringern.
Der „kultivierte Konservative“, wie er sich selbst nennt, profiliert sich so kirchenpolitisch am rechten Rand – aber wer in der Kirche nach oben will, ist da seit Johannes Paul II. und unter Benedikt XVI. auf der Überholspur. Mixa, geboren 1941 in Oberschlesien, machte eine wenig auffällige Kirchenkarriere, ehe er 1996, sehr passend, Bischof im tiefschwarzen Eichstätt wurde. Dort baute er ein „Zentralinstitut für Ehe und Familie“ auf, denn einer seiner Glaubenssätze ist: Nur in einer klassischen katholischen Familie kann es wieder mehr Nachwuchs für die Kirche geben. In der Bischofskonferenz ist Mixa Mitglied der Kommission für Ehe und Familie – und der Unterkomission für Frauenfragen.
Mixa hat sich öffentlich gegen den Irakkrieg ausgesprochen und US-Präsident George Bush „Missbrauch der Religion“ vorgeworfen. Und dennoch ist der meist freundlich und bescheiden auftretende Mann vor allem eines: ein romhöriger, marienfrommer Traditionalist der alten Schule. Als es einer seiner Priester beim Ökumenischen Kirchentag 2003 wagte, an einem evangelischen Abendmahl teilzunehmen, feuerte Mixa ihn sofort. Gnadenlos. PHILIPP GESSLER
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