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petition der wocheDeine blauen Augen machst du dir doch bloß digital

Anlass der Petition

Digitale Filter, die das Gesicht an Schönheitsideale anpassen

Das will die Initiatorin

Dass ­gekennzeichnet wird, wenn solche Filter genutzt werden

Das will sie wirklich

Dem Schönheits­druck etwas entgegen setzen

Schönheitsideale prägen – und quälen – uns seit vielen Jahrtausenden. Im digitalen Zeitalter wird das Ganze jetzt noch mal verschärft, besonders für jüngere und weiblich gelesene Menschen. Mit sogenannten Beauty­filtern kann man das eigene Aussehen auf Fotos oder in Videos verändern: Sie straffen und reinigen die Haut oder hellen sie auf, machen die Nase schmaler, die Zähne heller, das Gesicht dünner oder prägen die Wangenknochen stärker aus. Man präsentiert also eine optimierte digitale Version von sich selbst, und das hat Folgen auch in der analogen Welt, wenn die Unzufriedenheit mit dem echten Aussehen wächst.

Silvi Carlsson will das nicht weiter hinnehmen. „Ich möchte, dass Beautyfilter in Zukunft kommerziell gekennzeichnet werden“, schreibt die Youtuberin und Moderatorin in einem Instagram-Post. Sowohl in der Werbung als auch in den Sozialen Medien müsse erkennbar sein, wenn Filter verwendet wurden, findet Carlsson. Deswegen hat Carlsson am 10. Oktober die Petition #BeautyFilterKennzeichnen gestartet, in der sie die Bundesregierung auffordert, Beautyfilter entsprechend gesetzlich zu regeln. Bis Donnerstag hatte sie über 6.000 Unterschriften gesammelt.

Die verpflichtende Kennzeichnung wäre dabei zwar kein Allheilmittel gegen den riesigen Schönheitsdruck – aber immerhin ein Werkzeug zur Eindämmung einer gefährlichen Dynamik. Denn Filter wie „the perfect face“ oder „shine nose“ verzerren unsere Selbstwahrnehmung und können sich langfristig negativ auf unsere mentale Gesundheit auswirken, ist Carlsson überzeugt. Wie sich der Druck zur Optimierung vom digitalen Endgerät ins echte Leben überträgt, belegen verschiedene Studien: So verzeichnet der Beauty Impact Report 2022 vor allem bei unter 40-Jährigen eine erhöhte Bereitschaft zu kleineren Eingriffen und Schönheits-OPs.

Silvi Carlsson hofft, dass eine Kennzeichnungspflicht der Filter gegen die gefährliche Dynamik des digitalen Schönheitsdrucks hilft. In Norwegen gibt es eine entsprechende Regelung bereits, dort muss seit diesem Jahr explizit dazugeschrieben werden, wenn das Aussehen von Personen in Werbeanzeigen optisch verändert wurde. Und auch in Deutschland tut sich zumindest ein bisschen was: Im Juli appellierten die Gleichstellungs- und Frau­en­mi­nis­te­r:in­nen und -senator:innen der Länder an die Bundesregierung und die Werbewirtschaft, Standards und Richtlinien einer Kennzeichnungspflicht der Bildbearbeitung einzuführen.

Das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend äußert sich auf eine taz-Anfrage verständnisvoll, aber zurückhaltend. Man sei sich bewusst, dass das in der Mode- und Werbebranche vermittelte Schönheitsideal einem gestörten Selbstbild Vorschub leisten kann, schreibt eine Sprecherin. Gleichzeitig sei jedoch anzunehmen, dass durch die Thematisierung in der Schule oder im Freundeskreis unter Jugendlichen „eine ausreichende allgemeine Kenntnis darüber besitzt, dass die Bilder von Models oder In­flu­en­ce­r:in­nen nicht dem Original entsprechen, sondern bearbeitet sind“.

Allzu entschieden klingt das nicht. Ende Oktober weiß man mehr: Dann will die Bundesregierung zum Beschluss der Gleichstellungs- und Frau­en­mi­nis­te­r:in­nen offiziell Stellung nehmen. Jakob Guttenbacher

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