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palästinaProjektionen statt Lösungen

Seit klar ist, dass die Attentäter des 11. September aus arabischen Ländern kommen, und seit Ussama Bin Laden die israelische Politik gegenüber Palästina verurteilt hat, wird allseits verstärkt die Forderung nach einer Lösung des Nahostkonflikts erhoben. Insbesondere die arabischen Regierungen werden nicht müde, dies zu betonen. Auf die konkrete Situation in Israel und Palästina haben sich diese heftigen Beschwörungen jedoch nicht positiv ausgewirkt – im Gegenteil. Im Schatten der Ereignisse zog der israelische Premierminister Ariel Scharon die Repressionsschraube noch ein wenig weiter an. Gebremst wurde er schließlich von der US-Regierung, die befürchtete, allzu demonstrative israelische Aktionen könnten die arabische Koalition wieder aufbrechen, die sie mit Mühe zusammengebracht hat. Das war’s bislang aber auch in Sachen Lösung des Nahostkonflikts.

Kommentarvon ANTJE BAUER

Diese Nichtbeachtung liegt nicht nur daran, dass zurzeit alle Aufmerksamkeit den Taliban gilt, und auch nicht nur an der Tatsache, dass eine schnelle Lösung des Nahostkonflikts ohnehin nicht vorstellbar ist. Dass eine konkrete Nahostpolitik zurzeit ausbleibt, hat damit zu tun, dass ein Frieden in Palästina den islamistischen Terrorismus nicht beseitigen würde. Denn der Kampf der Palästinenser gegen Israel ist für die arabischen Nachbarn zu großen Teilen auch eine Projektionsfläche für Erniedrigungen aller Art. Darin bilden sich auch die Frustrationen der Araber gegenüber ihren eigenen undemokratischen, korrupten Regierungen ab. Wenn aber der Nahostkonflikt weitgehend eine Projektionsfläche ist, dann ist es nicht effektiv, ihn zu lösen. Auch die arabischen Regierungen sind vielleicht gar nicht so unglücklich darüber, wenn ihre Untertanen für die Palästinenser demonstrieren, statt sich gegen die Herrschaft im eigenen Lande zu wenden.

Der erste Mord an einem israelischen Minister ist nicht nur ein Racheakt für die Ermordung des PFLP-Führungsmitglieds Mustafa. Er ist auch ein Versuch, den Nahostkonflikt ins öffentliche Bewusstsein zu hieven, damit er nicht mehr nur als Schlagwort auftaucht, sondern als konkreter Konflikt, der in der Tat gelöst werden muss – auch unabhängig von den Taliban.

Der Mord wird an der Logik des Konflikts freilich nichts verändern. Dieser wird eine Projektionsfläche bleiben. Scharon wird wohl die Repression noch verschärfen, und die arabische Welt wird verstärkt auf einer Lösung des Problems beharren – die so weit entfernt ist wie zuvor.

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