liebeserklärung: Trennung per Twitter
Der Bald-nicht-mehr-US-Außenminister Tillerson soll über einen Tweet seines Bald-nicht-mehr-Chefs Donald Trump von der eigenen Entlassung erfahren haben. Klingt fies, ist es aber nicht
Machen wir uns nichts vor: Trennungen auszusprechen oder sie anzuhören ist immer Mist. Immer. Dennoch gibt es eine irgendwann – war es vor oder nach dem 30-jährigen Krieg? – aufgestellte Regel, die besagt, so was müsse von Angesicht zu Angesicht passieren. Das gebiete der Respekt vor dem oder der Verlassenen, heißt es.
Die Regel ist Schwachsinn. Oder hat irgendwer schon einmal eine saubere, total respektvolle Trennung, die Promi-Paare immer nach einem Beziehungsende durch ihren Anwalt verlautbaren lassen, selbst erlebt? Eben.
Immer gibt es Streit, immer fließen Tränen, manchmal fliegen Gegenstände durch bewohnte Gebiete. Die passenden Worte, nach denen alle suchen, hat noch niemand gefunden. An sauberen Trennungen scheitern vermutlich sogar PaartherapeutInnen.
Und nach dem Trennungsgespräch geht es ja weiter: Wer erzählt das Ganze den Eltern und Freunden und vielleicht sogar den Kindern?
Früher galten Trennungen per Brief, dann per Anrufbeantworter, später per SMS, und seit dieser Woche – in der der US-Außenminister Rex Tillerson erst durch einen Tweet von Präsident Donald Trump über das Ende der Zusammenarbeit informiert worden sein soll – eben per Twitter zu den schlimmsten Sündenfällen. „Selten ist ein Außenminister unwürdiger von einem Präsidenten entsorgt worden“, kommentierte das ZDF. Unwürdig, entsorgt, uiuiuiui – aber die Botschaft hinter diesen Zeilen ist zumindest klar: So wie Trump macht man das nicht.
Aber warum eigentlich nicht? Zu hören, dass man nicht mehr geliebt und/oder gebraucht wird, ist eh kränkend. Also dann lieber schnell raus damit. Und wenn es via Twitter passiert, weiß es zumindest sofort jede und jeder, die Oma, der Onkel, die Öffentlichkeit. Dann kann man sich aufregen, Frust ablassen (wie es Tillerson dezent, aber vernehmbar nach seiner Entlassung als Außenminister in einer Erklärung tat, in der er allen dankte, nur dem Präsidenten nicht), Resturlaub nehmen – und sich eine Woche oder zwei Wochen später mal zusammensetzen und besprechen, wer den schönen Fernsehsessel aus dem Außenministerium bekommt und ob noch ein bisschen Geld mitgegeben wird für die gerade erst gemeinsam erworbene Einbauküche.
Jürn Kruse
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