konsumgesteuert: Rettet die Einkaufszentren!
Neue Laufschuhe für den Fall, dass man irgendwann doch noch mit dem Joggen beginnt, ein Paillettenkleid für die nächste Party (sie kommt bestimmt!), ein Strohhut für irgendeinen Sommer. Mehr oder weniger nützliche Dinge geshoppt haben so einige auch trotz Corona genug. Online halt.
Um auf ihre Not im Lockdown aufmerksam zu machen, hatten Hamburger Einkaufszentren am Montag ihre Schaufenster rot beleuchtet. Mit der Aktion der Initiative „Das Leben gehört ins Zentrum“, zu der vor allem Ketten wie kik und Deichmann gehören, forderten sie, den Einzelhandel schnellstmöglich zu öffnen. Neben dem Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ) hatten unter anderem die Europa-Passage, das Phoenix-Center in Harburg und das Billstedt-Center mitgemacht. „Mit dem signalroten Leuchten wollen wir ein klares Zeichen setzen und zeigen: Der Handel blutet aus und die Lebendigkeit der Städte ist in Gefahr“, sagte Ludmila Brendel, Center-Managerin des AEZ zur Mopo.
Dass Menschen sich angesichts der Coronamaßnahmen nach Lebendigkeit sehnen, hatte im ersten Lockdown dieser Internet-Trend gezeigt: Unter dem Hashtag #wasichvermisse erzählten Leute, was ihnen besonders fehlt. „Ich vermisse meinen C&A-Einkauf im Alstertal-Einkaufszentrum“, war dort nicht zu lesen. Stattdessen: Umarmungen, Nähe zu Mitmenschen, Austausch, Geselligkeit und so.
Innenstädte sind Orte der Lebendigkeit – wohl wahr. Zumindest wenn man es sich leisten kann. Shopping und Lebendigkeit zu verbinden, liegt da natürlich nahe. Die Leute gehen schließlich nicht einkaufen, weil sie Kleidung, Lebensmittel oder Möbel brauchen, sondern weil sie sich lebendig fühlen wollen. Völlig klar: Nie ist man lebendiger, als wenn man mit einem Bubble Tea in der Hand verschwitzt in der Schlange vor einem stinkenden Fast-Fashion-Geschäft steht, aus dem zu laute Musik dröhnt. Oder wenn man in einer höllisch ungünstig ausgeleuchteten Umkleidekabine seinen Anblick im 2,99-Euro-Top so schlimm findet, dass man eigentlich nur weinen möchte. Hach! Wie wir das vermissen!
Also los: Shoppingwütige allerorts, vereinigt euch! Bildet Banden! Jagt das Glück, rettet Innenstädte und Einkaufszentren! Und wenn es dann so weit ist: Kauft euch was Schönes, kauft möglichst viel, gönnt euch was! Johanna Sethe
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