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kommentarTschüss, McDonald’s

Hättet ihr längst wissen können

Na also. Bürgerprotest lohnt sich doch noch. Das ist eine von drei Lehren, die sich aus dem gestrigen SPD-Rückzug vom Plan, einen Drive-In im Weserstadion anzusiedeln, ziehen lassen. Die zweite wäre: Für Wählerstimmen tut die SPD alles. Und drittens: Aber dafür brauchen sie ziemlich lange.

Inkarnation des Hassenswerten

Ziemlich lange haben sie alle miteinander gebraucht, sich klar zu werden, was McDonald’s im Weserstadion bedeuten würden – vorneweg der Beirat, der den Drive-In im März ganz schlicht zur Kenntnis genommen hatte und nachher diesen Akt als „blauäugig“ bezeichnen musste.

Dito die interessierten AnwohnerInnen, denen das Bauprojekt Nordgerade mit seiner von den Planern erhofften Auslastung nicht als Argument gereicht hatte, sich für ihre idyllische Pauliner Marsch derart ins Zeug zu legen – wohl aber McDonald’s, die Inkarnation all dessen, was Linke hassen. Aber nichts für ungut, das Ergebnis zählt.

Ein Wähler-Kniefall, nichts anderes

Die SPD brauchte viel Zeit, etliche Protestaktionen, 2.100 Unterschriften, schließlich ein Finanzierungskonzept, das so wackelig scheint, dass es den Namen nicht verdient.

Aber statt schlicht zuzugeben, dass sie den Protest gegen automobile Hamburger und Wegfahrfritten aus dem Weserstadion unterschätzt hatten, eiern die Sozialdemokraten rum. Verkehrsmaßnahmen zu teuer, Vorhaben- und Erschließungsplan änderungsbedürftig – mit Verlaub, liebe SPD: Das hättet ihr längst wissen – und erklären können. Das Verkehrskonzept liegt seit Mitte Juni vor. Lang genug vor Beginn der Sommerferien.

Ein Wähler-Kniefall, nichts anderes, ist dieser SPD-Rückzug. Was ja zum ureigensten Daseinszweck einer Partei gehört, aber dann kann man’s auch einfach so sagen.

Was bleibt:Protest wirkt

Und wenn’s denn ein weiterer Akt der Emanzipation der SPD-Fraktion gegen Übervater Henning Scherf und den Senat, der alles schon eingetütet glaubte, sein soll: In den langen Wochen sozialdemokratischen Unentschiedenseins ist er kläglich im Sande verlaufen.

Was bleibt: Wenn BürgerInnen was nicht wollen und sich zusammentun und ein paar Ideen haben, dann lässt sich was bewegen. Das ist uneingeschränkt wunderbar.

Susanne Gieffers

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