iPhone-Herstellung in China: Keine Sicherheitsschuhe. Zeh ab.
Verbesserte Arbeitsbedingungen bei allen chinesischen Apple-Zulieferern? Von wegen. Beschäftigte der Firma Biel-Crystal beklagen Gesetzesverstöße.
HUIZHOU/BERLIN taz | In seiner Einzimmerwohnung sitzt Qian Luo * auf der Bettkante und wartet auf die Genesung. Bei der Arbeit in der Fabrik Biel Crystal, die unter anderem Glasoberflächen für die iPhones des Apple-Konzerns fertigt, hat er sich nach eigenen Angaben mit dem Trennschleifer einen Zeh des rechten Fußes abgeschnitten.
Für den Unfall macht er auch die Firma verantwortlich. „Sie haben uns keine Sicherheitsschuhe gegeben.“ Das ist nicht die einzige Beschwerde, die Luo gegen seinen Arbeitgeber vorbringt. Unter anderem beklagt er, dass ihm nach dem Arbeitsunfall nicht sein voller Lohn weitergezahlt werde, wie es das chinesische Gesetz vorsehe.
Die Fabrik, mit deren Arbeitern die taz im vergangenen September sprach, ist nun Gegenstand des neuen Berichts der Arbeitsrechtsorganisation Sacom aus Hongkong. In Huizhou, einer Nachbarstadt der Metropole Shenzhen im Süden Chinas, betreibt Biel Crystal eine Produktionsstätte mit etwa 40.000 Beschäftigten.
Sacom veröffentlicht den Bericht, um weiter Druck auf Apple auszuüben. Das Unternehmen aus Kalifornien hatte versprochen, die Arbeitsbedingungen in seinen chinesischen Zulieferfabriken bis zum 1. Juli dieses Jahres mit den Gesetzen in Einklang zu bringen. Apple erklärt, dass dies weitgehend gelungen sei. Für Sacom-Mitarbeiterin Kwan Liang beweisen unter anderem die Zustände bei Biel das Gegenteil.
In ihren Gesprächen mit Arbeitern hat sie auch diese Information erhalten: Angeblich haben sich 2013 vier Beschäftigte das Leben genommen, indem sie sich aus höheren Stockwerken der Fabrik in die Tiefe stürzten. Den Berichten von Kollegen zufolge waren den Suiziden unter anderem Streits über zu späte Lohnauszahlung, verweigerten Urlaub und die Qualität des Essens in der Werkskantine vorausgegangen. Auf eine Anfrage der taz hat Biel nicht reagiert.
Selbsttötungen bei Foxconn, dem chinesischen Hauptzulieferer von Apple, waren 2010 der Anlass dafür, dass das US-Unternehmen mehr Anstrengungen unternahm, die Arbeitsbedingungen in seiner Zulieferkette zu verbessern. So trat Apple der Fair Labor Association bei, die regelmäßig Kontrolleure in die chinesischen Fabriken schickt.
* Name geändert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“