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heute in hamburg„Freunde erleben offenen Antisemitismus“

Norma van der Walde77, ist Organisatorin der Mahnwache. Ihr Vater war ein Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime.

Interview Lissy Malethan

taz: Frau van der Walde, wenn Sie heute der Pogromnacht vor 82 Jahren gedenken, schwingt dann bei Ihnen selbst auch ein Gefühl der Bedrohung mit?

Norma van der Walde: Ja. Ich denke, das geht allen Jüd*innen so. Unsere Situation ist in letzter Zeit nicht leichter geworden. Die Übergriffe vermehren sich.

Ist die Gesellschaft sich dessen bewusst?

Ich denke schon. Aber viele beziehen es nicht auf sich, weil sie nicht betroffen sind. Es gibt diesen sogenannten Alltagsrassismus. Es werden wieder Witze erzählt, ohne dass man sich geniert. Im Internet werden unverhohlen menschenverachtende Meinungen geäußert. Ich habe viele Freunde, die diesen offenen Antisemitismus erleben und sehr darunter leiden. Es gibt aber auch Lehrer*innen, die sich unglaublich dafür einsetzen, dass gegen Rassismus und Antisemitismus gekämpft wird.

Welche Möglichkeiten gibt es, dagegen zu kämpfen?

Erinnern und Mahnen ist das Allerwichtigste. Aufmerksam zu sein, ist auch sehr wichtig: Dass man als Zivilist eingreift, wenn man Antisemitismus oder Rassismus bemerkt. Und vor allem sollte man darüber sprechen.

Wird das denn genug gemacht?

Ich habe das Gefühl, dass es in manchen Familien, vor allem in meiner Altersgruppe, Gründe gibt, es nicht zu thematisieren, weil irgendwo in der Vergangenheit noch ein Geheimnis steckt. Aber wenn ich in Schulen gehe und sehe, wie sich Jugendliche schon große Gedanken über Rassismus und Antisemitismus machen, gewinne ich wieder an Vertrauen. Man sollte aber auch lernen, Menschen in einer Diskussion gegenüberzutreten, die rechte Ansichten haben. Wir sind oft noch ungeübt, hilflos und sprachlos, wenn rechte Einwürfe kommen. Vor allem, weil wir sie logisch nicht widerlegen können, weil sie jeder Logik entbehren. Es gibt die sogenannten Stammtischkämpfe, wo man genau das üben kann.

Und warum ist es wichtig, zu gedenken?

Man kann aus der Vergangenheit nur lernen. Es gibt viele Sprüche, die besagen: „Wenn du deine Vergangenheit vergisst, musst du sie noch einmal durchleben.“ Dieser Spruch steht auch in Auschwitz. Sie können das an den Erscheinungen der Rechtsradikalen sehen. Sie haben aus der Vergangenheit nicht gelernt, sondern sie negieren sie. Das möchten wir verhindern, damit so etwas, auch in Ansätzen, nicht wieder passiert.

Mahnwache der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten sowie der Universität Hamburg: 15.30 Uhr, Joseph-Carlebach-Platz

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