heute in hamburg: „Die Straflosigkeit muss enden“
Interview Katharina Gebauer
taz: Herr Andreasch, der NSU-Komplex wurde teils wie etwas Neues behandelt. War er das?
Robert Andreasch: Tatsächlich passierten die Taten des NSU in einer neuen Dimension. Rechte zeigen Gewaltbereitschaft, morden aus ideologischer Überzeugung, planen Sprengstoffattentate und Raubüberfälle. Solche Taten wurden bereits jahrzehntelang durchgeführt, das war alles also nicht neu. Der neonazistische Terror wurde aber neu gebündelt. Das alles hätte dadurch bemerkt werden und in der Öffentlichkeit thematisiert und diskutiert werden können.
Was hätte das gebracht?
Wären die Behörden für das Thema aufmerksamer, hätte das helfen können, den grausamen Terror zu verhindern. Die Attentate des Neonaziterrors haben eine jahrzehntelange Tradition, in denen jedoch von Behörden keine Kontinuität gesehen wurde. Damit wurden die vermeintlichen Einzeltaten vergessen und eine weitere Auseinandersetzung blockiert.
Wie sieht diese Kontinuität aus?
Über hundert Jahre versuchen Rechte, mit Anschlägen und Attentaten ihre ideologische Wunschgesellschaft schneller zu erreichen. Die rechte Szene agiert dabei bewusst militant, um ihre ideologischen Konzepte durchzusetzen. Die ständige Verharmlosung der Behörden, auch aufgrund eigener Verstrickungen zu Rechten, führt zu Ignoranz gegenüber den Taten.
Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation rechten Terrors: Was war am Attentat in Halle neu?
Dass jüdisches Leben noch immer angegriffen wird, ist nicht neu. Antisemitische oder explizit rechte antisemitische Attentate passieren seit Jahrzehnten. Doch fraglich ist, wie viele sich daran noch erinnern können und bei wem es bereits in Vergessenheit geraten ist. In Halle hat sich der rechte Täter dazu entschieden, seine Tat live ins Netz zu schalten. Das gleicht dem Vorgehen des Attentats in Christchurch, der Täter in Halle hielt sich auch in rechten Internetforen auf und fand dort Gleichgesinnte.
„Kontinuitätslinien – Rechter Terror in Deutschland“ mit Robert Andreasch und Caro Keller von NSU-Watch: 20 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2, Einlass ab 19.30, Eintritt frei
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