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heute in hamburg„Es gibt wenig Beweise für eine Filterblase“

Foto: FU Berlin

Oskar Niedermayer, 65, ist Politikwissenschaftler und Professor an der Freien Universität Berlin.

taz: Herr Niedermayer, hat die AfD dank der sozialen Medien so viele Stimmen bekommen?

Oskar Niedermayer: Das kann man empirisch nicht sagen. Die Spekulation stützt sich darauf, dass die AfD in sozialen Medien sehr viele Follower hat, aber keine Studie beweist diese Verbindung. Wir sehen aber deutlich, dass sich die AfD-Anhänger ähnlich wie die Anhänger anderer Parteien verhalten. Das heißt, sie sind nicht in einer sogenannten Filterblase unterwegs, sondern sie informieren sich wie die anderen Anhänger über andere Medien, auch über traditionelle, weiter. Ich glaube also nicht, dass die Wahl der AfD darauf zurückzuführen ist.

Gibt es keine Filterblase?

Dass es Filterblasen mit großem Einfluss auf der Meinungsbildung der Leute gibt, ist eine These, die seit Jahren in den Medien unterwegs ist. Es gibt aber wenige empirische Belege dafür. Eine Studie hat zum Beispiel vor Kurzem gezeigt, dass Facebook zwar ein Faktor für die Meinungsbildung ist, aber mit einem überschaubaren Anteil im gesamten Informationsrepertoire der Leute. Die Voraussetzungen für Filterblasen sind also noch nicht gegeben. Es gibt zwar Millionen Facebook-Nutzer, aber Facebook wird nur sehr wenig genutzt, um sich politisch zu informieren.

Welchen Einfluss haben Falschmeldungen auf die Meinungsbildung?

Fake News gibt es, aber die Leute nutzen nicht nur eine Quelle. Fake News könnten aber natürlich einen großen Einfluss haben, wenn es sie in großer Zahl und mit hoher Durchschlagskraft gäbe und wenn sie gezielt eingesetzt würden. Aber alles, was man vor der Bundestagswahl diskutiert und befürchtet hat, ist nicht eingetreten: Es gab keinen Angriff aus Russland, keine Hackerattacke auf die Datenübertragung am Wahltag, keine große Fake-News-Kampagne. Wenn es das gegeben hätte, hätte man sich fürchten müssen.

Könnte der Einfluss der sozialen Medien in Zukunft wachsen?

Es ist ein Phänomen der jüngeren Generation, und heute ist sie nur eine kleine Minderheit der Wähler. Die 18- bis 21-Jährigen machen 3,6 Prozent der Wählerschaft aus, die über 60-Jährigen hingegen 36 Prozent. Wenn die heutigen Jugendlichen in meinem Alter sind, kann es ganz anders aussehen, weil die sozialen Medien von einem größeren Anteil der Wählerschaft als heute benutzt werden. Es ist aber nicht sicher, da soziale Medien nicht unsere gesamte Kommunikation bestimmen.

Interview Adèle Cailleteau

Podiumsdiskussion „Fake News und Cyberattacken“: 19 Uhr, Bucerius Law School, Jungius­straße 6

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