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heute in hamburg„Opfer mehr als Statisten“

Kundgebung 31 Jahre nach dem Tod von Ramazan Avci wird Opfern rassistischer Gewalt gedacht

Foto: privat
Ünal Zeran

44, geboren in der Türkei, ist seit 2002 Anwalt in Hamburg und gehört zu der Initiative „Gedenken an Ramazan Avci“.

taz: Herr Zeran, vor 31 Jahren ermordeten Rechtsextreme Ramazan Avci am S-Bahnhof Landwehr mit Baseballschlägern und Axtknüppeln. 2012 erfolgte die Umbenennung des Platzes vor dem Bahnhof in Ramazan-Avci-Platz. Ist er dennoch nicht im öffentlichen Bewusstsein?

Ünal Zeran:Jein, er ist nicht so vergessen wie viele andere Opfer rassistischer und rechtsex­tremer Gewalt in Deutschland. In Hamburg erinnert man noch viel weniger Ngoc Nguyen und Ahn Lan. In der Nacht zum 22. August 1980 hatten Rechtsextreme einen Brandsatz in ihre Unterkunft an der Halskestraße geworfen. Sie starben an den schweren Brandverletzungen.

Wieso kam es nach 27 Jahren zu der Platzumbenennung?

Die Diskussion wurde durch das zufällige Auffliegen des NSU am 4. November 2011 erleichtert. So bitter das klingt: Die Bereitschaft in Politik und Behörden war für ein gewisses Zeitfenster gestiegen. Die Debatte um eine Umbenennung der Halskestraße verläuft da schon gänzlich anders. Der ehemalige Bezirksamtsleiter und heutige Innensenator, Andy Grote, lehnt sie 2015 ab, mit dem Verweis, dass Namen von Verkehrsflächen einprägsam und wohlklingend seien sollten und fremde Sprachen unzulässig seien, wenn sie zur falschen Aussprache führten. Ein Beispiel, wie wenig sich nach dem NSU-Auffliegen eine nachhaltige Empathie und Sensibilität in Behörden, Verwaltungen und Politik etabliert hat. Die Opfer und Angehörigen von rechter Gewalt müssen immer noch gegen Vorurteile und Widerstände ankämpfen.

Gedenken Sie der Opfer des NSU-Netzwerks um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe?

Nicht nur. Fünf Jahre nach der Selbstenttarnung des Trios werden beharrlich rechtsterroristische Netzwerke negiert und der Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Bundesnachrichtendienst weiter ausgebaut. Nach wie vor kann der Verfassungsschutz Akten schreddern, ohne das irgendeine Person juristisch dafür verantwortlich gemacht wird.

Bei der Kundgebung wünscht sich die Familie Avci, dass vor allem Angehörige rechter Gewalt reden sollen?

Die Opfer sollen nicht mehr nur Statisten bei diesen Gedenkveranstaltungen sein, wie es Ibrahim Arslan ausdrückte, der 1992 einen Brandanschlag in Mölln überlebte. Sie wollen selbst sprechen, nicht weiterhin nur Objekt der Auseinandersetzung sein.

Interview: Andreas Speit

Kundgebung: 18 Uhr, Ramazan-Avci-Platz. Die Familie bittet, Rosen mitzubringen.

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