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heute in bremen„Gemüse und Musik stehen beide für Entwicklung“

Marko Gartelmann

58, ist Leiter der Musikwerkstatt und Schlagwerker der Bremer Philharmoniker.

Interview Pia Tönnissen

taz: Herr Gartelmann, was kann ich mir unter dem Projekt „Musikwerkstatt meets Gemüsewerft“ vorstellen?

Marko Gartelmann: Die Zweit­kläss­le­r*in­nen säen, pflegen und ernten selbst Gemüse auf der Gemüsewerft. Dadurch lernen sie einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass alles schon im Supermarkt liegt. Das begreifen die Kinder durch dieses Projekt viel eher, weil sie das auf einer emotionalen Ebene selbst erleben. Dann gibt es noch die musikalische Ebene: durch die Workshops der Musikwerkstatt werden die Kinder an Musikinstrumente und Rhythmik herangeführt. So spüren sie einen gemeinsamen Beat, erfahren musikalische Interaktion und wie es sich anfühlt, Teil einer größeren Gruppe zu sein.

Das heißt, es wurde viel geredet?

Nein, das läuft vor allem nonverbal ab. Wir können eben auch anders miteinander in direkte Kommunikation treten als mit gesprochener Sprache oder dem Handy. Kommunikationsfähigkeit durch Musik und Wertschätzung für Gemüse, das ja erst großgezogen werden muss – das sind die zentralen Motive, die Kinder in dem Projekt erleben.

Musik und Gemüse – wie passt das zusammen?

Ich denke, dass wir da größer denken müssen. Gemüse und Musik stehen beide für Entwicklung. Ursprünglich war geplant, aus dem selbst angebauten Gemüse Instrumente zu bauen. Diese Idee haben wir wieder verworfen, denn mit Wertschätzung von Gemüse hat das nichts zu tun: Die Instrumente gehen dabei schnell kaputt und weiterverwendet wird das Gemüse danach in der Regel auch nicht.

Was ist stattdessen für die Abschlusspräsentation des Projekts geplant?

Die Kinder machen mit den Instrumenten Musik, die sie für den Gemüseanbau verwendet haben. Das sind zum Beispiel Schaufeln, Haken und Gießkannen. Zum Abschluss werden sie einen Gemüse-Rap präsentieren. Als weiteres Ergebnis des Projekts wird das geerntete Gemüse zu einer Gemüsesuppe verarbeitet.

Abschluss­präsentation „Musikwerkstatt meets Gemüsewerft“: 17.30 Uhr, Gemüsewerft, mit den Bremer Philharmonikern und der Grundschule Überseestadt, Auf der Muggenburg 35.

Wie kommt das Projekt bei den Kindern an?

Sehr gut: Einige Kinder haben schon gefragt, ob sie im nächsten Jahr wieder Gemüse ziehen oder auf Instrumenten spielen können.

Was hat Sie im Laufe des Projekts überrascht?

Dass die Kinder das gemeinsame Musizieren als etwas sehr Gewinnbringendes erleben, das hat mich sehr gefreut. Überrascht hat mich auch, dass manche Kinder nicht wussten, dass man das Grüne bei Pflanzen oben rausgucken lassen muss; den Basilikum hatten einige Kinder ganz eingegraben, der musste dann erst wieder ausgegraben werden. Aber das zeigt, wie wenig Kenntnis in diesem Bereich vorhanden und wie wichtig dieses Projekt ist.

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