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heute in bremen„Es geht darum, Hilfe nicht nur der öffentlichen Hand zu überlassen“

Foto: Kaupo Kikkas

Marc Niemann47, ist stellvertretender Vorsitzender des Landesmusikrats Bremen und Generalmusikdirektor in Bremerhaven.

Interview Alina Götz

taz: Herr Niemann, wie geht es Bremer Mu­si­ke­r*in­nen gerade?

Marc Niemann: Sehr unterschiedlich und abhängig davon, ob sie freischaffend sind oder nicht. Freischaffenden geht es nicht gut. Sie versuchen, mit Rettungsprogrammen über die Runden zu kommen. Aber da gibt es immer noch Schwierigkeiten. Es ist nicht leicht, das Passende zu finden. Es ist zwar viel verbessert worden, aber für keinen ist die Situation in irgendeiner Weise angenehm. Und das ist nur die wirtschaftliche Seite. Psychologisch ist es ebenso schlimm. Ich bin Dirigent; ich weiß, wovon ich rede.

Was macht die Situation denn mit Ihnen?

Mu­si­ke­r*in­nen sind es ja gewöhnt, unter Druck zu sein, auf Ziele hinzuarbeiten: nächste Probe, nächstes Konzert. Wir müssen uns fit halten, Musik ist Hochleistungssport. Dann fiel der Druck plötzlich weg und damit die Struktur. Am Anfang war es schön, mal durchzuschnaufen, aber jetzt fehlt etwas. Musik ist Teil unserer Persönlichkeit. Privates und Beruf durchdringen sich stark. Eine Komponente davon ist nun weg – und keiner weiß, wann es weitergeht. Man fühlt sich nicht gebraucht.

Warum fallen denn manche Mu­si­ke­r*in­nen durch die Raster der Hilfsprogramme?

Rein Freischaffende können die Hilfen für Soloselbstständige beantragen. Aber es ist gar nicht so einfach, die Nachweise zu erbringen. Dann gibt es die, die zeitweise an einem Theater beschäftigt sind, zum Beispiel als Gast­künst­le­r*in für nur ein Stück. Die fallen häufig ganz raus, denn nicht jedes Theater zahlt an diese Gruppe automatisch Kurzarbeitergeld, und somit gelten sie weder als selbständig noch als fest angestellt.

Warum setzen Sie mit der Aktion auf die Hilfe der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK)?

Die Idee, etwas für freischaffende Mu­si­ke­r*in­nen zu tun, kam sogar von der BEK. Wir wurden angesprochen, mitzumachen. Es geht uns darum, die Hilfe nicht nur der öffentlichen Hand zu überlassen. Die Kirche hat ja gerade das Privileg, Gottesdienste mit musikalischer Umrahmung machen zu dürfen, und dieses Privileg nutzt die Kirche nun, um zu helfen. Diese Idee unterstützen wir als Dachverband der Bremischen Musikszene natürlich sehr gern und so gut wir können.

Wie genau denn?

Mu­si­ke­r*in­nen können sich beim Landesmusikrat anmelden und werden auf einer Liste gesammelt. Die BEK schreibt gleichzeitig alle Gemeinden an und fragt, ob die sich mit einer Sonderkollekte beteiligen wollen. Es gibt dafür ein Konto bei der Kirche, auf das natürlich auch andere Leute oder Stiftungen spenden können. Die Mittel werden dann für angemessene Honorare für bis zu zwei Mu­si­ke­r*in­nen genutzt, die im Rahmen von Gottesdiensten spielen können. Der Schwerpunkt liegt auf Gemeinden, die sich sonst vielleicht nicht so viel Kirchenmusik leisten können. Die profitieren dann auch davon. Die Musik muss nicht klassisch sein, auch Jazz und Rock geht. Wichtig ist, dass es freischaffende Profis sind.

Soli-Aktion „Musik findet Stadt“, Anmeldung unter

info@landesmusikrat-bremen.de, Spenden an Bremische Evangelische Kirche (IBAN DE 62 2905 0000 1070 3330 08, Stichwort: Musik findet Stadt / 36700)

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