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heute in bremen„Wer sich nicht dran hält, muss gehen“

Grit Lehmann,38, ist Sozialarbeiterin*, hat in Bremen studiert und arbeitet seit drei Jahren mit Jugendlichen in Bremen-Nord.

Interview Gareth Joswig

taz: Grit Lehmann, Sie arbeiten als Sozialarbeiterin* im Freizi in Alt-Aumund. Haben Sie oft mit Diskriminierung zu tun?

Grit Lehmann: Ja, und zwar in allen Bereichen, die wir heute auch beim Aktionstag behandeln: Alltagsrassismus, Sexismus und Antisemitismus, Homo- und Transphobie. Relativ häufig betrifft das Schimpfwörter. „Bist du schwul, oder was?“ wird noch immer häufig gesagt und auch „Du Jude“ ist als Schimpfwort keine Seltenheit.

Wie gehen Sie damit um?

Wir sprechen die Jugendlichen darauf an und problematisieren das. Oftmals hinterfragen sie nicht groß, mit welchen Wörtern sie um sich werfen. Die Kritik kommt meist schnell an. Wir erklären, warum bestimmte Dinge nicht gehen und wir das nicht wollen. Wer sich nicht dran hält, muss für den Tag gehen.

Es gibt auch einen Workshop über antisemitisches Verschwörungsdenken – das klingt dann aber so, als wenn da schon mehr dahinterstecken würde.

Das empfinde ich bei den Jugendlichen hier im Freizi nicht so. Oft sind die Schimpfwörter nicht wirklich durchdacht und nur eine Wiederholung dessen, was ohnehin in der Gesellschaft Thema ist.

Inwiefern ist Diskriminierung ein besonderes Thema in Bremen-Nord?

Die AfD hat hier gut abgeschnitten und es gibt hier organisierte Nazi-Strukturen. Dennoch finden wir den Rechtsruck deutschlandweit problematisch.

Aktionstag Antidiskriminierung: Workshops zu Antisemitismus, Alltagsrassismus und -sexismus; außerdem gibt es Fußball und ein Konzert der STL Crew und Hast & Pest, Aumunder Heerweg 89, ab 14 Uhr

Kommen auch rechte Jugendliche ins Freizi?

Nein, eher nicht. Aber das hat wohl damit zu tun, welche Werte hier vermittelt werden. Hier sind alle willkommen außer Nazis. Wir wünschen uns einen gewaltfreien Raum, den die Jugendlichen als ihren Ort begreifen und sich aneignen sollen. Dabei unterstützen wir sie. Einige erzählen schon mal, dass sie Freund*innen haben, die Nazis sind und trotzdem ganz nett seien. Das versuchen wir dann aufzugreifen. Die Band Freiwild ist hier ein gutes Beispiel.

Und wenn Sie rechte Musik oder Bushido hören wollen?

Bei uns gibt es keine sexistische und rassistische Musik. Bei Freiwild müssen wir das häufiger erklären, aber Bushido ist ganz klar sexistisch und gewaltverherrlichend. Das können die Jugendlichen meistens gut annehmen.

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