heute in bremen: „Bald mehr Plastik als Fisch in den Ozeanen“
Interview Alina Götz
taz: Herr Ludwig, Sie gehen heute aus Protest einkaufen. Warum?
Jan Ludwig: Wir kaufen ein, füllen allerdings hinterher die verpackten Produkte in Mehrweggefäße ab – Gläser, Beutel, Brotdosen. Wir wollen zeigen, wie viel unnötiger Einwegmüll erzeugt wird. Den Müll packen wir dann in Einkaufswagen und präsentieren ihn den Einkäufer*innen. Bei 30 Leuten sind das so drei bis vier Wagen. Wir möchten natürlich auch Druck auf den Einzelhandel ausüben, der wiederum die Lieferanten motivieren soll, auf unnötige Verpackungen zu verzichten.
Warum halten Sie das für wichtig?
In den Ozeanen schwimmen inzwischen riesengroße Müllstrudel. 2050 wird in den Weltmeeren mehr Plastik als Fisch schwimmen! Meerestiere fressen Plastik, verfangen sich und ersticken. Zudem verbraucht die Produktion von Verpackungen Ressourcen. Recycelt wird nur ein kleiner Teil, auch das kostet Energie. Es ist besser, gar keinen Plastikmüll zu erzeugen.
Aber Sie produzieren doch Plastikmüll bei Ihrer Aktion. Müssten Sie nicht aus Protest lose Produkte kaufen?
Die Aktion „Plastic Attack“ steigt am Samstag zum dritten Mal. Treffpunkt ist um 10.10 Uhr vor der Lidl-Filiale Mitte, Langenstraße 25–29
Das ist in den meisten Supermärkten bei vielen Produkten doch gar nicht möglich! Es ist ja auch nicht so, dass wir absichtlich dick verpackte Lebensmittel kaufen. Aber wir wollen eben zeigen, was bei einem normalen Wocheneinkauf so an Müll zusammenkommt. Die zwei Unverpackt-Läden in Bremen liegen für den Großteil der Bevölkerung wahrscheinlich nicht auf der Einkaufsroute. Ich versuche oft, dorthin zu gehen, weil mir Plastikmüll ein Dorn im Auge ist. Trotzdem kaufe auch ich eben doch manchmal die verpackten Nudeln im Supermarkt, wenn ich es nicht anders schaffe.
Haben Sie schon über radikalere Arten, den Müll zu präsentieren, nachgedacht?
Unsere Gruppe hat viele Ideen, zum Beispiel gemeinsames Aufräumen oder die Wagen voller Plastikmüll auf dem Marktplatz zu zeigen, wo noch mehr Menschen sie sehen können. Da wird in Zukunft bestimmt was kommen. Uns gibt es ja erst seit zwei Monaten. Generell sind wir aber nicht auf Konfrontation aus, wir wollen im Idealfall gemeinsam mit den Beteiligten arbeiten. Und auch durch die „Plastic Attacks“ in Supermärkten erreichen wir viel Aufmerksamkeit. Vor Ort und durch die Presse. Wir rechnen heute mit noch mehr Menschen, unsere Aktionen haben sich herumgesprochen.
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