gipfel-schröder: Entschiedenes Reden
Sieben Stunden weilte der Bundeskanzler auf dem Weltgipfel in Johannesburg. Damit wolle Gerhard Schröder bei den wichtigen globalen Themen Umweltschutz und Armutsbekämpfung „Flagge zeigen“. Die Frage ist allerdings, welche Fahne er gehisst hat. In seiner Rede schlug Schröder einen weiten Bogen von der Flut in Sachsen über die Dürre in Amerika bis zu Stürmen und Klimaveränderungen anderswo. Der Klimawandel sei „bittere Realität“, resümierte der Kanzler. Entschiedenes Handeln für die Zukunft unserer Kinder sei gefragt.
Kommentar von REINER METZGER
Solch hehre Worte aus dem Mund eines Regierungschefs rufen natürlich Skepsis hervor: Ja, warum handelt er denn nicht? Gerade der Mann mit der Richtlinienkompetenz muss doch nicht auf Weltgipfeln seine Wünsche verkünden – er kann sie seinen Ministern bei jeder Kabinettssitzung ins Hausaufgabenbuch diktieren. Immerhin waren es vier Jahre lang gewisse Machtblöcke in Schröders SPD, die den grünen Umweltminister ebenso ein ums andere Mal zurückgepfiffen haben wie die eigene Entwicklungshilfeministerin – etwa bei der Ökosteuer oder bei der Armutsbekämpfung. Und: Ohne die Flut in einem halben Dutzend Bundesländern wäre der Auftritt auf dem Weltgipfel für die SPD-Wahlkampfstrategen doch sowieso nur ein Häppchen für die paar Umweltbewegten unter der Wählerschaft gewesen.
Skepsis gegenüber Weltverbesserern an der Staatsspitze ist also gewiss richtig. In der Politik ist ein Thema nämlich nur so lange wichtig, wie es die Macht erhält oder gefährdet. Andererseits ist Versagen immer relativ: Unter der vorherigen Regierung wäre die Ökosteuer wohl überhaupt nicht gekommen; Entwicklungspolitik war noch unwichtiger; und wie die Förderung erneuerbarer Energien ausgesehen hätte, will sich in den entsprechenden Industrien lieber niemand vorstellen. Bei der gerade für die armen Länder wichtigen EU-Agrarpolitik steht die heutige Bundesregierung mit Ministerin Renate Künast für die ersten Reformbestrebungen seit Menschengedenken. Die Bilanz der Regierung Schröder ist also sicher durchwachsen. Katastrophal ist sie nicht.
Trotzdem vermied es der Kanzler in seiner Rede in Johannesburg, etwas für die Zukunft zu versprechen. Konkrete Ziele – etwa Zahlen für die künftige Reduzierung des deutschen Ausstoßes an Klimagasen oder Details zur Förderung erneuerbarer Energien – nannte er nicht. Wie viel nach der Wahl vom Handeln für die Zukunft übrig bleibt, ist also weiterhin fraglich.
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