eject: HEIDE PLATEN über Freunde, Feinde und die Frankfurter Medienhölle
Fischer versenken
Hexenkessel, Medienhölle, Konkurrenzkampf. Es gibt eben auf dieser Welt wirklich nichts, was nicht noch schlimmer werden könnte. Schon gar derzeit in Frankfurt am Main, wo der Nabel der Welt sonst eigentlich nicht ist. Seit Monaten mischt die Zunft die Minimetropole auf, stolpert wegen deren räumlicher und personeller Enge allenthalben über Kollegen, die alle immer nur das eine wollen: Fischer-Feinde finden, Fischer-Freunden Details abjagen, Fischer stürzen.
Was Wunder, dass die Gerüchteküche allerbeste Konjunktur hat. Die einen Kollegen schwärzen auf der Suche nach redewilligen Zeitzeugen die anderen an, Unterstellungen und Verdächtigungen feiern fröhliche Urständ. Zum Beispiel diese: Der Spiegel habe, heißt es da, einer potenziellen Informatin in bester IM-Manier gedroht: „Ach, übrigens haben wir auch Ihre Stasi-Akte.“ Klar, dass Spiegel-Mitarbeiter solch böswillige Unterstellungen bestreiten. Dafür aber wird einem um die nächste Ecke gleich mit dem nächsten Gerücht gedient: Dem Spiegel lägen, heißt es hinter vorgehaltener Hand, Nacktfotos einer ebenfalls mit dem Thema befassten Stern-Journalistin vor, „mit Rose zwischen den Brüsten“. Muss das sein? Nein, muss nun wirklich nicht.
Oder: Der Focus habe bereits in der vergangenen Woche ganz genau gewusst, dass die Ex-RAF-Terroristin Margrit Schiller nicht in Fischers Wohnung „gewohnt“, gar „gelebt“ habe, sondern 1973 – zwischen Verurteilung und Haftantritt – die eine, vielleicht auch andere Nacht in der Nachbarwohnung Fischers, einer Frauenwohngemeinschaft, schlief und sich dort wegen ihrer Glorifizierung des bewaffneten Kampfes denkbar unbeliebt machte. Doch die Berichterstattung dagegen legt Schiller und Fischer nachgerade gemeinsam in die Betten.
Die Summen, die mittlerweile für Informationen und Namen geboten worden sein sollen, um Fischer zu Fall zu bringen, steigen mit jedem Weitererzählen ins immer Astronomischere. Genau dorthin ließe sich auch der Kreis derjenigen, die etwas zur Sache beitragen könnten, problemlos steigern: Denn nicht nur die eine, bisher mit Fischer als potentiellem Molotowcocktail-Befürworter in Verbindung gebrachte Vorbereitungsveranstaltung am Vorabend der Ulrike-Meinhof-Demonstration im Mai 1976 hat es gegeben, sondern deren mindestens zwei. Bei der zweiten, entnehmen wir dem Informationsdienst für unterbliebene Nachrichten, waren im Studentenhaus spontan 1.600 Menschen versammelt – Zeitzeugen und Recherche für Jahre.
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