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die wahrheitHerr und Knecht - und fertig!

Wolfgang Clement hielt die Laudatio bei der Wahl zum "Arbeitgeber des Jahres".

Er ist der Lobredner des Jahres: Wolfgang Clement. Bild: ap

Der deutsche Mittelstand hat am Wochenende den "attraktivsten Arbeitgeber des Jahres" gekürt. Zur Preisverleihung lud die Initiative "Top Job 100" in die Top-Metropole Duisburg. Das Wortpaar "attraktiv" und "Arbeitgeber" ist für gut 39 Millionen Erwerbsarbeitende in Deutschland eine echte Neuigkeit; und kein Geringerer als der ehemalige Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement hielt als sogenannter Mentor die Lobrede auf den "Arbeitgeber des Jahres". Moderator war Ulrich Wickert, ehemaliger "Tagesthemen"-Mentor und Bestseller-Autor ("Der Ehrliche ist der Dumme").

Clement, inzwischen als Aufsichtsrat beim Strom- und Wolfgang-Clement-Versorger RWE Power untergekommen, brachte viel Lob mit, wusste aber auch über den Verlust der Werte einiges zu sagen: "Der deutsche Mittelstand wurzelt ja im Spätmittelalter, im Feudalismus. Ich finde, wir sollten uns auf die Tugenden des Feudalismus zurückbesinnen: Eigenverantwortung, Flexibilität, Chancengleichheit, Wettbewerb. Am Feudalismus war ja nicht alles schlecht. Auch damals stellte der Mittelstand schon die meisten Arbeitsplätze in Deutschland. Die Eliten waren sozial abgesichert und verdienten ihr Geld im Schlaf. Und das Beste: Alle anderen mussten arbeiten, und es gab dabei klare Verhältnisse. Herr und Knecht - und fertig!", sagte Clement, und nachdem er sich und seinen Zuhörern einen zu Herzen gehenden Seufzer gestattet hatte, hob er an: "Aber das ist heute leider nicht mehr so. Als Elite verdienen sie heute nur noch bequem ihr Geld, wenn sie Eigentümer eines Strom- oder Wolfgang-Clement-Versorgers sind. Und wer arbeitet, kann sich sogar aussuchen, ob es ein Mini-Job oder Zeitarbeit sein soll."

Lobend erwähnte Clement den Anstieg auf zehn Milliarden unbezahlten Überstunden, die im deutschen Mittelstand inzwischen in jedem Jahr erwirtschaftet werden. "Das ist ein interessantes Enteignungsmodell", sagte Clement. "Der moderne Mitarbeiter stempelt sich nach seiner offiziellen Arbeitszeit aus und kehrt dann wieder brav an seinen Schreibtisch zurück, um dann pro Tag noch mindestens drei Stunden umsonst für seine Firma zu arbeiten." Das senke den realen Lohn und vermindere die frei verfügbare Lebenszeit des mittelständischen Mitarbeiters, meinte Clement. "Eine Art Leibeigenschaft. So bleibt der Mittelstand wettbewerbsfähig."

Passend dazu wurde Hellmuth Fradjen die Sondermedaille "Top Job 100: Arbeitnehmer des Jahres" von Clement verliehen. Fradjen ist Tageszeitungsredakteur in einem mittelständischen Verlag. "Du hängst dich elf Stunden am Tag richtig rein und kriegst sieben Stunden bezahlt - einfach nur geil", strahlte Fradjen. "In der Mittagspause trage ich mein Tablett 200 Meter zum Schreibtisch und esse einfach da. Das Büro stinkt dann zwei Stunden lang nach kaltem Essen. Aber wenn die Praktikantin Kaffee holt, nimmt sies wieder mit", schilderte Fradjen begeistert seine Arbeitsbedingungen.

Ulrich Wickert, der die ganze Zeit eigentlich auch mal was hatte sagen wollen, cremte den Festsaal mit seinen salbungsvoll-klassischen Worten abschließend ein: "Über den letzten Stand der Dinge informiert Sie das 'Nachtmagazin' um 1.05 Uhr. Ich wünsche Ihnen allen eine geruhsame Nacht."

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