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die wahrheitAromakerzen der Liebe

Kommentar von Silke Burmester

Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Wenn der kleine Dampfkessel explodiert.

Die Première Dame ist inzwischen ein Wahrzeichen der Society: der Eiffelturm der Hautevole. Bild: reuters

M on cher journal intime …

Das Album soll nun doch kommen. Im Juli. Nach langem Hin und Her mit Nicis Strategen wurde beschlossen, dass es den "modernen Zeiten entspricht, dass die Ehefrau des Präsidenten der Republik Frankreich eine Langspielplatte veröffentlicht, da sie bereits zuvor als Künstlerin aktiv war", wie es schriftlich in einem offiziellen Kommuniqué des Palastes festgehalten wurde. Allerdings darf ich nicht auf Tour gehen, und die Einnahmen sollen gespendet werden. Ich bin so froh, dass ich eh schon in Geld schwimme und mir wegen der paar Kröten keinen Kopf machen muss.

Natürlich wollen die Schwachköpfe die Texte vorher sehen und auf "moralische Angemessenheit" prüfen. Außerdem kamen sie mit der Idee um die Ecke, ich solle ein, zwei Kirchenlieder intonieren. Ich habe sie darauf hingewiesen, dass ich meinen Vertrag nicht bei den Taliban unterschrieben habe, und den Klugscheißern verdeutlicht, dass es der Glanz meines Albums und meiner medialen Präsenz sein wird, mit dem sie ihren unpopulären Präsidenten aus dem Image-Schlamm hieven werden. Das Album wird nun nicht mehr "Zuflucht" heißen, sondern "Als ob nichts gewesen wäre" ("Comme si de rien nétait", Anm. der Red.), da lass ich mir auch nicht mehr reinreden.

Ich habe ein ganz schlechtes Gewissen: Erstens ich habe Erics Geburtstag (Clapton, Anm. der Red.) vergessen. Er war im März. Zweitens: Zweimal habe ich diese Woche Josephs Blumen nicht abgeholt. Trotzdem lagen am nächsten Tag frische da. Ich kann nichts dafür, wenn es mir gut geht, ich genug zu tun habe oder vernünftigen Sex, vergesse ich meinen kleinen Gärtnerburschen. Er mich aber nicht. Ich habe ihn gesehen, als ich in der Abenddämmerung am Fenster stand und meine Gitarre anschlug. Er stand im Rhododendron und beobachtete mich. Süß.

Freitag, 23. 5.

Gestern Abend waren wir wieder auf einem dieser langweiligen Diplomaten-Empfänge. Nur alte Säcke. Ich habe keine Ahnung, warum die Länder dieser Erde statt ihres feschen Nachwuchses immer ihre Altkleidersammlungen nach Paris schicken. Gebrechlich im Geiste und im Fleisch. Ich bin so froh, dass ich nicht nur gut aussehe, sondern auch so viel Bildung und Charme mitbekommen habe. So wird mir an diesen Abenden wenigstens nicht langweilig, weil ich zu jedem Thema etwas sagen kann und alle ganz hingerissen von mir sind und sich mit Lob überschlagen. Das sind die gar nicht gewohnt, Frauen um sich zu haben, die hübsch und unterhaltsam sind.

Nici ist super stolz auf mich, er sagt, ich mache das ganz fantastisch, ständig wird er zu seiner Wahl beglückwünscht. So ist es gar nicht erstaunlich, dass es so schnell ging, bis sich herumgesprochen hat, dass ich eine Bereicherung für die Society bin. Ich bin schon eine Art Wahrzeichen. Der Eiffelturm der Hautevolee - ich stehe im Mittelpunkt und alle wollen mal rauf.

Sonntag, 25. 5.

Ich glaube, ich weiß jetzt, warum es heißt: "In guten wie in schlechten Zeiten". Nici ist schon sehr angespannt im Moment, und ich merke, wie sehr er mich an seiner Seite braucht. Als jemanden, der ausgleicht und Anstrengungen fern hält. Es sind Kleinigkeiten, die ihn total aus der Fassung bringen, wie die Sache gestern: Seitdem Schluss ist mit Bling-bling, gibt es samstags Resteessen. Nici hatte die Idee, er meint, es sei das richtige Zeichen für das Volk. Ich finde es Quatsch, denn das Volk bekommt ja nichts davon mit, dass wir hier Secondhand-Hummer essen. Aber Nici meint, das sei eine gute Idee, schließlich würde ich irgendwann ein Kochbuch "Rezepte aus dem Palast" herausbringen müssen, und dann wäre dies wenigstens originell.

Auf jeden Fall war diese Woche auch Mais beim Saturday-left-over (so nenn ich unsere interne Armenspeisung). Und da ist mein kleiner Schatz völlig aus der Spur geraten. "Das ist eine Verschwörung!", brüllte er, "Sabotage!" Nicht mal in seinem eigenen Haus sei er vor den Verrätern, den Königsmördern sicher. Er ließ sofort den Chefkoch kommen, der mit den Vorwürfen überhaupt nichts anfangen konnte, weil er sich nicht für Politik interessiert und gar nicht mitbekommen hatte, dass Nici in der Abstimmung über Genmais nicht mal die Zustimmung seiner Parteigenossen hatte. Und um den kleinen Dampfkessel vollends zur Explosion zu bringen, sagt der arme Mann, das sei der Mais, der von den Kindern übrig sei, die am Donnerstag hier waren. Das waren die, die ich gehütet hatte, weil ich nicht wusste, dass die Mutter sie loswerden musste, weil die Erzieher landesweit gegen Nicis Sozialpolitik streikten. Um es kurz zu machen: Es endete in einem völligen Geschrei und mit Mais an der Louis-XIV.-Tapete.

Zum Glück konnte ich Nici dazu bewegen, ein wenig zu chillen. Er hat sich auf die Le-Corbusier-Liege gelegt, ich habe eine Aromakerze (tahitianische Vanille) angezündet und ihm kleine Balladen gesungen. Es ist schön zu sehen, dass ich ihn damit wieder einfangen kann.

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

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