die wahrheit: Der homosexuelle Mann...
...hält sich nicht lange auf, sein Blick ist zielgerichtet und pointiert. Jedem anderen Mann, der ihm entgegenkommt, schaut er in die Augen...
...und dann zwischen die Beine - oder umgekehrt. Unstetes Umherschweifen lenkt nur ab vom Wesentlichen. Im Bruchteil einer Sekunde wird die Beule im Dreieck der Hose gescannt und auf ihre Fantasietauglichkeit hin geprüft. Je dicker, je lieber, je mehr sich erahnen lässt, umso größer die Erregung.
Abbildungen der Beulen, dieser anonymen Intimitäten, eilig zusammengeklaut im öffentlichen Raum, sind der Renner im Internet. Der Kenner spricht nicht von der Beule, modisch versiert heißt es bulge. Unzählige Fotos sind online zu finden, Männer ohne Kopf, aber mit viel (fantasiertem) Fleisch zwischen den Beinen: Beulen hinter Jeans oder in Badehosen, unter Lycra oder in Leder, im Anzug oder in Radlershorts, bei Fußballern, Sprintern oder Eiskunstläufern, bei Popstars oder dem ganz gewöhnlichen Mann von der Straße.
Für jeden Geschmack ist was dabei, für jedes Temperament, für jede Fantasie. Selbst vor royalen Hosen gibt es keinen Halt, der derzeitige Hit unter den Promibeulen ist der Blick zwischen die Beine von Prinz Harry von Wales und Prinz Carl Philip von Schweden, und Hollywood-Beobachter haben momentan nur noch Ryan Reynolds Unterleib im Visier.
Diese besondere Wahrnehmung des männlichen Geschlechtsteils ist keine Erfindung der Neuzeit, bereits im 14. Jahrhundert, mit der Erfindung des Hosenschlitzes, begann der Aufstieg der Beule. Echte Kerle, die Landsknechte des 16. Jahrhunderts, konnten mit ihren Schamkapseln die Augenweide noch übertreffen. Derlei optische Tricks wurden aufgepolstert, mal rund oder auch in Gurken- oder Bananenform, und oft mit Bändern und Schleifen geschmückt. Erst die Französische Revolution beendete die Schwanzoffensive, in der bürgerlichen Mode war es fortan nur noch den Frauen gestattet, ihre körperlichen Reize zur Schau zu stellen.
Bis uns die Amis die Jeans bescherten, endlich gab es wieder was zum Gucken. Je enger die Jeans, umso begehrlicher wurde der Blickkontakt. 1971 setzten die Rolling Stones auf dem Cover ihrer "Sticky Fingers"-LP erstmals gezielt die Jeansbeule zum Kaufanreiz ein. Etwa zur gleichen Zeit begann die Weltkarriere von Armin Hagen von Hoyningen-Huene, der als Peter Berlin zum Großmeister der Beule aufstieg. Kein Pornodarsteller vor ihm und auch keiner nach ihm verstand es so gekonnt, mit dem verhüllten, aber sich deutlich abzeichnenden Penis, die schwulen Männer verrückt zu machen.
Und heute? Das Internet bringt es an den Tag, Peter Berlins Erben sind überall, mal bewusst in Pose gesetzt, mal ganz unabsichtlich und nebenbei. Übrigens, für den heterosexuellen Mann ist das Pendant zur Beule die cameltoe, die "Kamelzehe". Das ist - so heißt es bei Wikipedia, "wenn der Stoff der Kleidung zwischen die großen Schamlippen der Frau rutscht und deren Konturen sichtbar macht". Der Unterschied zwischen homo- und heterosexuellem Mann liegt also lediglich im Detail.
Die Wahrheit auf taz.de
Leser*innenkommentare
Shiranai
Gast
Ich kann zu diesem Artikel Lichtwolf gänzlich zustimmen. Der liebe Herr Kraushaar schließt doch hier zu Anfangs nicht etwa von sich auf andere?
Bei Schwulen geht es genausowenig immer um Sex, wie es bei Heten den ganzen Tag um Rülpsen, Furzen und Fussballspielen geht.
Ich finde dieser Artikel verdient einfach einen dicken Daumen nach unten für seine Unsachlichkeit und hintergründige Negativ-Darstellung von Minderheiten.
Möwe
Gast
@ Jay: Nicht nur der weibliche Körper ist vielfältig.
fatalfraktal
Gast
Habe weder geschmunzelt, noch wurde ich provoziert oder aufgeklärt. Klar, ich schau auch auf's Gemächt, ja und?! Die Saure-Gurken-Zeit hat wohl begonnen.*ächz*
Schön, dass uns sonst nichts umtreibt.
Hermann Hesse
Gast
@ Lichtwolf: Na, na, vielleicht lange nicht mehr meinen "Steppenwolf" gelesen, insbesondere die Passagen über das Verhältnis von Licht und Schatten sowie die befreiende Kraft des Humors!???
harry
Gast
da scheint tatsächliche einiges an den krausen haaren herbeigezogen zu sein. worin liegt z.b. der schwule bezug bei dem historischen verweis auf die renaissance mode oder landsknechtsmode. ok. sexuell ist das bestimmt, aber nicht zwangsläufig homo. ein blick in andere kulturbereiche, z.b. zu bestimmten naturvölkern afrikas zeigt, dass die hervorhebung des männlichen geschlechts kein westliches kulturphänomen ist. als schwuler möchte ich mich auch gegeneinen genetisch fstgelegten blickwinkel beim betrachten von männern verwehren. klar, es gibt tendenzen ind mainstream-verhalten. aber doch nicht bei den taz-lesern/schreibern. oder doch ?
tetro
Gast
ich glaube, wenn man homophob ist, dann ist man nach dem lesen dieses artikels sicher empört und/oder angeekelt. und der liebe (licht)-wolf hat sich in seinen phantasien sicher noch keine rote kappe auf einem kamelhöcker vorgestellt. wie bigott...
Jay
Gast
Den Cameltoe bei den Frauen kann man aber eher selten durch die Jeans sehen. Puh, stelle ich mir auch weniger erregend vor. Wie gut, dass wir Heten noch andere Ziele zum Scannen haben: Busen, Arsch, Gesicht, Beine. Hach, der weibliche Körper ist einfach wunderbar schön. Und auf so vielfältige Weise!
(Thema Schönheit demnächst im strassenfeger!)
Lichtwolf
Gast
Verallgemeinernd, sexualisierend, sexistisch.
Ja, auch Männer können über ihr eigenes Geschlecht sexistisch schreiben - Sie, lieber Herr Kraushaar haben es geschafft!
Ich fühle mich zum umtriebigen Tier herabgewürdigt!
Witzig ist das nicht, informativ auch nicht,
Und schon garnicht fair!
Von einem "kritischen Ansatz" wollen wir lieber schweigen!
Insgesamt sehr ärgerlich!!!
Auch der kleine Schlusssatz zum weiblichen äquivalent...
Geschmacklos!
Vielen Dank, dass Sie mit ihrem Artikel die Ausnahme von der Regel
Darstellen - von der sonst guten Qualität der taz.
Ich schaue meinen Mitmännern (und meinen Mitmenschen) lieber ins Gesicht,
Denn das ist doch am ehesten, was uns definiert,
Und nicht eine gurkenähnliche Gliedmaß zwischen den Beinen!