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die nachrichtSaudischer Kronprinz erkennt das Existenzrecht Israels an

Bin Salman spricht sich auf seiner US-Reise für die Zweistaatenlösung aus. Um Stabilität in der Region zu erreichen, sei ein Friedensabkommen mit den Palästinensern nötig

Das Neue

Saudi-Arabien erwägt erstmals offiziell diplomatische Beziehungen zu Israel. Wie der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman während seiner US-Reise am Montag erklärte, teile sein Land „viele gemeinsame Interessen mit Israel“. Voraussetzung sei allerdings ein Abkommen zwischen den Palästinensern und Israel. Beide Völker hätten das „Recht auf ihr eigenes Land“. Um Stabilität in der Region zu erreichen, sei ein Friedensabkommen notwendig. Bislang lehnte Riad diplomatische Beziehungen zu Israel ab. Agenturberichten zufolge fand das Interview mit dem Magazin The Atlantic noch vor den Unruhen im Gazastreifen statt, bei denen am vergangenen Freitag 17 Palästinenser von israelischen Soldaten getötet wurden.

Der Kontext

Die Regierungen in Jerusalem und Riad verfolgen zentral das gemeinsame Ziel, einen Atomstaat Iran zu verhindern. Bin Salman verglich in dem Interview den iranischen Führer Ajatollah Ali Chamenei sogar mit Hitler. Während Hitler nur Europa erobern wollte, habe es Chamenei „auf die ganze Welt“ abgesehen. Israel und Saudi-Arabien fürchten den wachsenden Einfluss Teherans in der Region. Seit drei Jahren ficht Saudi-Arabien im Jemen einen blutigen Stellvertreterkrieg gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen aus. Für Israel bedeuten die in Syrien stationierten iranischen Revolutionsgarden eine unmittelbare Gefahr. Außerdem finanziert Teheran die radikalen Schiiten der Hisbollah im Libanon und versorgt sie mit modernen Rüstungsgütern. Bin Salman setzt offenbar darauf, mit seinem überraschend versöhnlichen Ton Israel gegenüber bei seinen amerikanischen Gesprächspartnern zu punkten.

Die Reaktionen

Weder Israel noch die palästinensische Führung kommentierten das Interview des saudischen Kronprinzen. Der letzte Eintrag auf der Facebook-Seite Netanjahus, der gewöhnlich schnell über die sozialen Netzwerke reagiert, bezog sich noch auf die Unruhen im Gazastreifen, wo 10 der 17 getöteten Palästinenser „bekannte Terroristen“ gewesen sein sollen. Auch von der Palästinensischen Autonomiebehörde gab es bis zum Nachmittag keine Stellungnahme. Die Anerkennung Israels durch den saudischen Kronprinzen bedeutet für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas derzeit einen schweren Rückschlag.

Die Konsequenz

Bereits vor einigen Wochen signalisierte der israelische Generalstabschef Gadi Eisenkot, dass Israel mit Saudi-Arabien geheimdienstliches Nachrichtenmaterial austauscht, was in Riad nie bestätigt wurde. Die offene Zusammenarbeit könnte einen eventuellen Angriff Israels gegen die iranischen Atomanlagen begünstigen, sollte die Regierung in Jerusalem keinen anderen Weg sehen, einen iranischen Atomstaat zu verhindern. Die Perspektive auf einen Militärschlag könnte den Druck erhöhen, das Nuklear-Abkommen zu verschärfen. Trump hatte für den 12. Mai ein Ultimatum gestellt und droht mit neuen Sanktionen.

Susanne Knaul, Jerusalem

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