die dritte meinung: Alle Ackerbauern wissen schon längst, wie sie gut ohne Glyphosat auskommen, sagt Jan Wittenberg
Jan Wittenberg
ist Ackerbauer in Niedersachsen. Er vertritt als Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Bio- ebenso wie konventionelle Landwirte.
Am Mittwoch stimmen die Mitgliedstaaten der EU in Brüssel darüber ab, ob das weltweit meistverkaufte Totalherbizid Glyphosat bei uns für weitere zehn Jahre zugelassen wird. Ich hoffe, es kommt keine Mehrheit dafür zustande. Dieses Mittel wird zwar mittlerweile großflächig eingesetzt. Es ist eben verlockend einfach, auf den Äckern vor der Aussaat alle ungebetenen Kräuter und Gräser abzutöten. Aber eine gute fachliche Praxis ist das nicht, ganz unabhängig von den viel diskutierten Risiken für die menschliche Gesundheit, den Boden und die Artenvielfalt.
Dieses Mittel ist überflüssig. Wir Ackerbauern wissen längst, wie wir Lebensmittel ohne Glyphosat erzeugen können. Das sage ich nicht nur als Biobauer, sondern als jemand, der seit Jahrzehnten intensiv mit konventionell wirtschaftenden Kollegen zusammenarbeitet. Wir brauchen an erster Stelle eine größere Vielfalt in der Fruchtfolge.
Nur noch zwei oder drei verschiedene Kulturen nacheinander anzubauen ist zu wenig. Das schafft uns auf Dauer einen Haufen Probleme wie zum Beispiel die zunehmenden Resistenzen beim Ackerfuchsschwanz in Norddeutschland. Wir brauchen auch mehr Wechsel zwischen Sommer- und Winterkulturen und nicht zuletzt eine moderne Technik in der mechanischen Bodenbearbeitung. Die Technik ist entwickelt, sie muss nun eingesetzt werden. So ist auch die pfluglose, sogenannte konservierende Bodenbearbeitung, die nachhaltig das Bodenleben fördert, ohne Totalherbizide möglich und sinnvoll.
Dass die Hersteller dieses gesellschaftlich nicht gewollten, schädlichen Pflanzenschutzmittels für ihren Profit und damit für eine weitere Zulassung kämpfen, ist verständlich. Aber das kann nicht Richtschnur für eine verantwortungsvolle Politik sein.
Kanzlerin Merkel und Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt können mit einem Nein am Mittwoch die Umsetzung praxisreifer Innovationen im besten Sinne fördern. Mit der vorgesehenen Übergangszeit von knapp zwei Jahren kommen die Bauern und Bäuerinnen klar. Glyphosat ist out.
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