piwik no script img

das portraitLeif-Erik Holm hat es in Schwerin für die AfD in die OB-Stichwahl geschafft

Gibt sich harmlos, duldet aber Rechts­extreme in den eigenen Reihen: Leif-Erik Holm Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Leif-Erik Holm aus Mecklenburg-Vormpommern ist kein Dauergast in Talkshows. Und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion sucht auch keine bundesweite Schlagzeilen mit gezielten Provokationen. Getreu dem Slogan der Partei im Wahlkampf – „deutsch aber normal“ – pflegt er ein Image als netter Abgeordneter ohne radikale Attitüde. In Schwerin hat es dieser ganz normale Deutsche in die Stichwahl zum Bürgermeisteramt am 18. Juni geschafft.

Am Sonntagabend stand fest, dass Amtsinhaber Rico Badenschier (SPD) und der AfD-Herausforderer die meisten Stimmen für sich gewinnen konnten. Im ersten Wahlgang erreichte Badenschier 42,0 Prozent, Holm 27,4 Prozent. Erstmals steht damit ein:e AfD-Politiker:in in einer Stichwahl um den Oberbürgermeister-Posten einer Landeshauptstadt. Holms Kandidatur ist Teil der Normalisierungsstrategie der AfD. Einen tatsächlichen Wahlerfolg erwartet die Partei in dieser Phase in dieser Region nicht.

Aber der gebürtige Schweriner denkt nicht bloß von Wahl zu Wahl. Schon vor der politischen Karriere hat der Vater von vier Kindern im Gegensatz zu vielen Ge­sin­nungs­ka­me­ra­d*in­nen gelernt, professionell aufzutreten und zu reden. Bereits in der Studienzeit war der 52-jährige Ökonom als Radiomoderator und Discjockey tätig, unter anderem beim Radio MV, bei Antenne MV und Hit Radio FFH. Von 2006 bis 2013 moderierte er als freier Mitarbeiter wieder bei Antenne MV.

Der AfD gehört er seit deren Gründung 2013 an. Auf seiner Webseite zur Kandidatur schildert er seine Motivation: „Eigentlich hatte ich mich in meinem Traumberuf als Radiomoderator pudelwohl gefühlt, aber das dramatische Versagen der Politik, auch der zunehmend linksverrutschten ehemals bürgerlichen Parteien“ sei für ihn „nicht mehr hinnehmbar“ gewesen.

Seit zehn Jahre ist Holm mit kurzer Unterbrechung wegen interner Machtkämpfe einer der Co-Landesvorstandssprecher der AfD. 2017 geriet die Landtagsfraktion um Holm als Fraktions- und Landeschef in massive Kritik. Interne Chatprotokolle seines Stellvertreters Holger Arppe belegten extreme Gewaltfantasien über politische Geg­ne­r*in­nen sowie sexuelle Ausfälle gegenüber Parteimitgliedern. Arppe ging von sich aus (taz berichtete). Holm offenbarte dabei seine Strategie, nicht gegen Radikale in der Partei vorzugehen. Bis heute hält er sich in der Öffentlichkeit mit interner Kritik an Höcke und Co zurück.

„Herr Holm ist um ein taktisch harmloses Auftreten bemüht“, sagt Martina Renner, Sprecherin für antifaschistische Politik der Bundestagsfraktion der Linken. Sie betont: „Er lächelt freundlich über den Rassismus und Antisemitismus seiner Partei hinweg und profitiert zugleich von der Hetze Höckes.“ Den antidemokratischen Bestrebungen seiner Partei habe der wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD sich nie ernsthaft entgegengestellt, so Renner.

Auch als „Ost-Versteher“ sieht sich Holm, der weiß, warum gegen Flüchtlingsunterkünfte wie in Upahl protestiert wird. Die Rechtsextremen, die daran teilnehmen, duldet er. Das wiederum duldet die CDU nicht: Sie ruft dazu auf, bei der Wahl in Schwerin den SPD-Kandidaten zu wählen. Andreas Speit

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen