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das portraitSergio Ramírez,Schriftsteller und Gegner zweier Diktaturen

Foto: El Universal/imago

Als die von der sandinistischen Guerilla FSLN angeführte Revolution in Nicaragua im Juli 1979 Diktator Anastasio Somoza aus dem Land jagte, war Sergio Ramírez gerade 37 Jahre alt – und eine zentrale Figur des Sieges. Nicht weil er selbst mit der Waffe in der Hand gekämpft hätte. Aber als Mitbegründer der „Gruppe der 12“, einem Zusammenschluss von Bürgerlichen und Intellektuellen, hatte er permanenten Kontakt zur Guerillaführung gehalten. Jetzt wurde der Schriftsteller Mitglied der fünfköpfigen Regierungsjunta. Die sollte vor allem die Breite des Bündnisses gegen Somoza demons­trieren und zeigen, dass Nicaragua kein zweites Kuba werden würde. Das hielt nicht lange – führende Bürgerliche verließen die Junta.

Das eigentliche Entscheidungsgremium des Landes wurde die neunköpfige Nationaldirektion der FSLN. Sergio Ramírez blieb dabei und wurde 1984 Vizepräsident des Landes unter Daniel Ortega. Für die Schriftstellerei blieb keine Zeit. Es galt, eine Revolution zu verteidigen, die sich längst im Krieg mit den von US-Präsident Ronald Reagan finanzierten „Contras“ befand.

Die Muße zum Schreiben kam erst wieder, als sich Ramírez aus der aktiven nicaraguanischen Politik zurückzog. Das war 1996. Inzwischen hatte die FSLN die Wahlen verloren, Ortega hatte die einstige Guerilla zur autoritären Organisation umgebaut, und Ramírez hatte sich mit ihm überworfen, zusammen mit anderen die „Bewegung der Sandinistischen Erneuerung“ aufgebaut und dann hingeschmissen.

Für den Mittfünfziger war es eine Zeit der Reflexion und der Rückkehr zur Literatur. 1999 erschien „Adios Muchachos“ – seine Erinnerungen an seine Zeit in der sandinistischen Regierung, aber auch eine Abrechnung. Beim taz-Kongress 2001 las Ramírez – der von 1973 bis 1975 als DAAD-Stipendiat in Berlin gelebt hatte – denn schon aus einem Erzählband, der mit der Revolution nichts zu tun hatte. 2017 erhielt Ramírez den Cervantes-Literaturpreis.

Dennoch blieb Ramírez stets politisch. Mit seiner Meinung über den 2006 wieder zum Präsidenten gewählten Daniel Ortega hielt Ra­mí­rez nie hinterm Berg. Die Quittung kam jetzt: Nachdem zahlreiche Oppositionspolitiker und frühere Ortega-Mitstreiter bereits hinter Gittern sitzen, beantragte Nicaraguas Staatsanwaltschaft nun auch gegen den inzwischen 79-jährigen Schriftsteller einen Haftbefehl. Ramírez wird dem zunächst entgehen – er ist gerade nicht im Land. Aber auf Twitter veröffentlichte er am Mittwoch eine Erklärung. Er sei Ende der 1970er Jahre von der Somoza-Diktatur fast exakt der gleichen Delikte beschuldigt worden wie jetzt von der Ortega-Dikatur, sagte er. Wenn die Sicherheitskräfte sein Haus durchsuchen würden, würden sie nur Bücher finden, viele Bücher. Denn er sei nun einmal Schriftsteller, seine Waffe sei das Wort.

Ramírez war nie ein Posterboy der Revolution. Wer Nicaragua sagte, meinte nicht den glattrasierten Intellektuellen mit gebügeltem Oberhemd, sondern dachte an bärtige Guerilleros oder Poeten mit Baskenmütze. Ramírez steht für Demokratie. Genau deshalb wird er jetzt angeklagt. Bernd Pickert

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