das portrait: Thies Gundlachfindet RetterInnen
Die Aufgaben seien „im Haus verteilt worden“, so beschreibt Thies Gundlach erst mal eher nüchtern, wie er als Vizepräsident des Kirchenamts der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) zum Seenotretter wurde. Zumindest als Organisator. Knappe zwei Wochen existiert jetzt das Bündnis „United4Rescue“, das in Seenot geratene Flüchtlinge auf dem Mittelmeer retten will. Aber bereits jetzt haben sich über 150 Organisationen angeschlossen. „Das soll mal jemand nachmachen“, sagt Gundlach, und da ist ihm der Stolz deutlich anzumerken.
Er sei nicht derjenige, der sich schon seit Jahren mit Seenotrettung beschäftige, meint der 63-Jährige, dennoch habe er die Hand gehoben, als ein Vorsitzender für den Verein „Gemeinsam Retten e. V.“ gesucht wurde, der den Motor des Bündnisses bildet. Schließlich habe er Erfahrung mit dem Procedere noch aus seiner Zeit als Pastor in Hamburg, wo er den Förderverein für evangelische Theologie der dortigen Uni gründete.
Der rechtliche Graubereich, in den sich die EKD damit begibt, ist für die Kirche, so nennt es Thies Gundlach, durchaus eine „Herausforderung“. Er stellt auch klar, dass mit der Seenotrettung, deren praktische Umsetzung Sea Watch übernimmt, nicht die Forderung verbunden ist, dass alle Geretteten ein Aufenthaltsrecht erhalten. Aber eine andere Forderung ist um so klarer: dass die Seenotrettung entkriminalisiert werden muss – und spätestens da ist Gundlach sicher auf der Linie der Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, mit der er seit 2017 liiert ist.
Dass das allgemeine Gefühl, etwas tun zu müssen, nun praktisch umgesetzt wird, verdankt sich, klassisch protestantisch, der Basis: Der vergangene Kirchentag hatte eine entsprechende Resolution verabschiedet. Im Schlussgottesdienst hatte die Pastorin – und inzwischen Vereinsmitglied von „Gemeinsam Retten“ – Sandra Bils es klar formuliert: „Man lässt keine Menschen ertrinken.“ Dass das Retten nun, wenn auch nur exemplarisch, private Initiativen übernehmen, zeigt laut Gundlach die Lücke, die die Staaten lassen. Friederike Gräff
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