das portrait: Windiger Unter-nehmer: Willi Balz steht vor Gericht
Viel Wind hat Willi Balz immer schon gemacht: Wenn er Millionen für seine Offshore-Parks in der Nordsee einsammelte; wenn er bekannte Personen wie die ehemalige „Tagesthemen“-Moderatorin Sabine Christiansen in den Aufsichtsrat seiner Windreich AG holte. Und auch jetzt, da er sich seit Mittwoch vor dem Landgericht Stuttgart gegen die Vorwürfe der verschleppten Insolvenz und wegen Betrugs verteidigt. „Ich bin nicht gescheitert, ich wurde gescheitert“, erklärte Balz vor der Eröffnung des Mammutprozesses. Hunderte Millionen Euro haben private und institutionelle Investoren in Balz’ Windparks gesteckt – weil sie an alternative Energien, die Versprechungen eines todsicheren Geschäfts oder an beides glaubten.
Willi Balz war nie ein in die Wolle gefärbter Öko. Seine Geschäfte steuerte er aus einer holzgetäfelten Zentrale in seinem Geburtsort Wolfschlugen auf der Schwäbischen Alb. Zu Besuchen seiner über 800 Kilometer entfernten Windräder in der Nordsee schwebte er gern mit einem seiner zwei Privatflugzeuge ein. Manche seiner Ex-Mitarbeiter unterstellen Balz heute, es sei ihm nie um saubere Energie gegangen, sondern allein ums Geld.
Tatsächlich war er früh von der Windkraft als Energiequelle fasziniert. Schon als angehender Ingenieur baute der Sohn eines schwäbischen Bauern 1981 an der ersten großen Windkraftanlage in Deutschland mit. Später verdiente als Immobilienentwickler viel Geld. 1999, nachdem die rot-grüne Bundesregierung feste Einspeisevergütungen für alternative Energien eingeführt hatte, gründete Balz sein Windreich.
Er sei Opfer einer Verschwörung von Gegnern der Energiewende, behauptet er heute. Tatsächlich hat der heute 59-Jährige wohl zu lange auf Pump investiert. Am Ende wurden die Geldgeber nervös; schon 2012 hatte Balz Schwierigkeiten, Kredite zu bedienen.
Nun sitzt er mit sieben früheren Verantwortlichen der Windreich AG auf der Anklagebank, darunter Baden-Württembergs einstiger Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP), der Windreich-Aufsichtsrat und -Geschäftsführer war. Der Prozess geht wohl bis 2020. Benno Stieber
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen