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das portraitMaike Lock kämpft für ein Orchideenfach

Mehr als 19.000 Studiengänge gibt’s in der Bundesrepublik. Aber Finno-Ugristik ist dann doch eine seltene Wahl. Warum sie sich dafür entschieden hat, weiß Maike Lock auch nicht mehr genau. Sprachen haben sie schon zu Schulzeiten interessiert, vermutlich lag es an der ungewöhnlichen Herkunft der Sprache. Finno-was? In nur zwei anderen Städten kann man hierzulande Finno-Ugristik, also Kultur- und Sprachwissenschaft der finnisch-ungarischen Sprachfamilie studieren. Lock studiert dies in Göttingen. Und könnte dort eine der letzten Studierenden sein, denn die Uni will den Studiengang gern einstampfen.

Chronisch unterfinanziert sei die philosophische Fakultät an der Georg-August-Uni, teilt ihr Sprecher mit. Und das Interesse an Finno-Ugristik sei seitens der Studierenden einfach zu gering. „Das mag ja sein, aber gleichzeitig schmückt sich die Uni mit der Riesen-Vielfalt an der Fakultät“, sagt Lock. Und dass es keine Massenabfertigung wie in anderen Studiengängen gebe, sei allen Studierenden zu wünschen.

Eine vor wenigen Tagen von Lock und anderen Studierenden gestartete Petition hat bereits mehr als 1.300 Unterschriften. Viel Zuspruch kommt von benachbarten Fächern, auch international hätten sich viele in der kleinen, aber gut vernetzten Szene besorgt gezeigt. In Deutschland ist es immerhin das Seminar mit der ältesten Tradition.

Und dabei gibt es mit diesen Orchideenfächern auch außerhalb der Wissenschaft viele Perspektiven. „Da stehen viele Türen offen“, sagt Lock. Für Übersetzung, Dolmetschen oder im Tourismus werden Kultur- und Sprachexpert*innen gesucht. Zehn Sprachen sind es mittlerweile, die die 22-Jährige zu lernen begonnen hat. Darunter etwa Samisch oder Karelisch, eine Minderheitensprache entlang der russisch-finnischen Grenze.

Dabei hatten sich Kultusministerkonferenz und die Hochschulen geeinigt, die sogenannten „kleinen Fächer“ zu erhalten. Doch nach der Pensionierung des Göttinger Seminarleiters in drei Jahren will man die Stelle nicht neu vergeben. „Noch sind wir aber zuversichtlich“, sagt Lock. Im Fakultätsrat, in der die Causa letzte Woche angesprochen wurde, erbat man sich nach Darlegung der Argumente für den Erhalt immerhin eine Vertagung der Entscheidung. André Zuschlag

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