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das portraitSoraya Saénz de Santamaría soll die Katalonien-krise lösen

Foto: reuters

Soraya Sáenz de Santamaría, die starke Frau im Kabinett des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, ist seit Samstag endgültig Spaniens „Superwoman“.

Die 46-jährige, gerade einmal etwas mehr als ein Meter fünfzig große Vizepräsidentin der konservativen Regierung in Madrid ist von ihrem Chef mit der wohl schwierigsten Aufgabe ihrer politischen Karriere beauftragt worden: Sie verwaltet – mit dem Verfassungsartikel 155 in der Hand – das abtrünnige Katalonien, nachdem dort die Unabhängigkeit ausgerufen wurde und Madrid die gesamte Autonomieregierung des Amtes enthob.

Soraya, wie sie in Spanien meist kurz und bündig genannt wird, hatte sich Rajoys Partido Popular (PP) im Jahr 2000 an geschlossen. Die offizielle Parteigeschichte besagt, dass die junge Anwältin im Linienbus aus ihrer Heimatstadt Valladolid in die spanische Hauptstadt reiste, um sich bei Rajoy, damals Minister unter José María Aznar, als juristische Beraterin zu bewerben.

Ihr Lebenslauf – Abschluss des Studiums mit 23, Aufnahme in den elitären Stand der Anwälte des spanischen Staates mit 26 – soll Rajoy so beeindruckt haben, dass er sie sofort einstellte und in seinen engsten Kreis aufnahm.

2004 wurde sie als Nachrückerin erstmals Abgeordnete im spanischen Parlament, nachdem der einstige konservative Finanzminister Rodrigo Rato seinen Sitz gegen den Chefsessel beim Internationalen Währungsfonds tauschte. 2011, als Rajoy die Wahlen mit absoluter Mehrheit gewann, wurde Sáenz de Santa­maría Vizepräsidentin und Regierungssprecherin. Letzteres Amt hat sie mittlerweile abgegeben. Denn als der Katalonienkonflikt immer virulenter wurde, übernahm Sáenz de Santamaría das neugegründete Ressort für Territorialfragen.

Die Tochter einer Friseurin und eines ungelernten Arbeiters, der später eine Baustoffhandlung aufmachte, ist politisch eine konservative Hardlinerin, privat jedoch nicht. Anders als ihre Parteikollegen heiratete sie nicht kirchlich. Mit ihrem Mann José Iván Rosa Vallejo, ebenfalls Anwalt im Dienste des Staates, hat sie einen sechsjährigen Sohn.

In ihrer knappen Freizeit fotografiert Sáenz de Santamaría gern. Sie soll über eine große Handschuhsammlung verfügen und bei Festen im Freundeskreis Platten auflegen, besonders gern Musik der 1980er.

In den Jahren der Korruptionsskandale übernahm Sáenz de Santamaría übergangsweise Ministerien, deren Inhaber zurücktreten mussten. Sie selbst blieb bisher unbeschadet. Allerdings bekam Sáenz de Santamarías Mann, kaum saß sie an der Regierung, einen hochdotierten Beratervertrag beim ehemaligen staatlichen Telekommunikationskonzern Telefónica.

Die Tageszeitung USA Today zählt die Madrider Nummer 2 zu den fünf einflussreichsten Frauen Europas. Sollte sie ihre neue Aufgabe in Katalonien gut meistern, dürfte es der Politikerin wohl dazu verhelfen, ihren Chef Rajoy künftig einmal zu beerben.

Reiner Wandler, Madrid

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