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cdu und wahlkampfMegafon der Massen

Angela Merkel hat sich geäußert. Und was die Physikerin sagte, schien von zwingender Logik. So logisch, dass man es in einen der klassischen Syllogismen fassen könnte. Erstens: In einer Demokratie entscheiden die Bürger über alle relevanten Themen. Zweitens: Einwanderung ist ein relevantes Thema. Daraus folgt drittens: Einwanderung muss Wahlkampfthema sein. Eigentlich. Die politische Vorsicht zwang Angela Merkel dann doch, ihre radikale Logik ein wenig abzumildern. Also verklausulierte sie: Sie könne die Zuwanderung als Wahlkampfthema für 2002 nicht ausschließen.

Kommentarvon ULRIKE HERRMANN

Gegen diese Logik ist wenig zu sagen. Die Deutschen müssen über die Einwanderung reden. Nicht nur, weil es der Demokratie schadet, wenn alle wichtigen Themen – von der Osterweiterung der EU bis zur Bundeswehrreform – ohne öffentliche Diskussion entschieden werden.

Über die Einwanderung muss auch gesprochen werden, weil Schweigen ganz bestimmt nicht dazu führt, dass die Deutschen begreifen, dass Migration normal ist, dass eine reine Abstammungsgesellschaft hier nicht mehr existiert – ja, immer eine nationale Fiktion des 19. Jahrhunderts war.

Einwanderung ist also ein dringendes Thema. Doch bei dieser Erkenntnis angekommen, kann das CDU-Führungsduo Merz und Merkel offenbar nur noch „Kampagne!“ denken.

Damit offenbaren die beiden Christdemokraten ein ganz besonderes Politikverständnis. Sie scheinen sich als Megafon der Massen zu sehen: Was das Volk will, die CDU schreit es heraus. Man könnte auch sagen, dass Merz und Merkel ihre Partei als ein völlig passives Organ betrachten – am ehesten mit einem Ohr oder einer Sonde zu vergleichen. Wer am besten das Raunen der Wähler erlauscht, am sichersten die Schwingungen des „Volkskörpers“ erspürt, der gewinnt die Wahl. Mehr ist nicht zu tun.

Damit nehmen Merkel und Merz eine Reduktion des Politischen vor: Politik ist nicht mehr „Gestalten“, obwohl gerade die CDU dieses Macht-Wort so gern benutzt. Sie ist auch nicht mehr Impulsgeber oder Anreger für die Wähler. Sie ist bloßes Zuhören. Bloßes Ausführen. Eine Sonderform des Verwaltens. Es ist eine Politik ohne Verantwortung.

Dazu passt gut, dass Merz und Merkel gerade jetzt über einen Einwanderungswahlkampf reden. Mitten hinein in die rechte Gewalt. Die dürfte sich bestätigt fühlen, dass sie nicht der viel beschworene „rechte Rand“, sondern „mitten im Leben“ ist.

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