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billiges schlossDie letzte Chance

Die Pläne aus dem Hause Wolfgang Tiefensees für eine billigere und schnellere Schlossrekonstruktion sind zunächst einmal Gift für alle Gegner des Wiederaufbaus. Mit ihr zerschlagen sich nicht nur die letzten Hoffnungen, eine moderne Architektur könnte auf dem Areal doch noch zum Zuge kommen. Für Nostalgiker der Palastruine bedeutet das Billigschloss ebenfalls das Aus. Und schließlich müssen alle Grün-Fans um die Besamung des freigeräumten Geländes fürchten, geht es dort wirklich schon 2009 mit dem Baubeginn los. Das in Form eines Entwurfs samt Kalkulation aufgetauchte Schlossgespenst rumort also wieder gewaltig.

Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die Pläne Tiefensees bedeuten zugleich die letzte Chance aller Schlossfans. Kaum ein anderes Bauvorhaben in Berlin klebt bis dato so sehr vor der Wand wie der geplante Wiederaufbau des einstigen Stadtschlosses: Unklar sind Zeitraum und Kosten des Palastabrisses. Nur im Bereich utopischer Schätzungen bewegen sich die Investitionen für den Neubau. Wer das alles zahlt, ist zudem nicht geregelt. Und schließlich mussten alle zukünftigen Nutzer, allen voran die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Wörter „Planungssicherheit“ und „Zukunft“ vergessen. Nichts ging mehr.

Bis gestern. Sollte sich herausstellen, dass der neue Entwurf, die kostengünstige Kalkulation, der baldige Baubeginn und das kulturelle Konzept mehr als nur Papier sind, besteht Handlungsbedarf: Und zwar in Form von Transparenz und Öffentlichkeit, die den geheimen Plänen folgen muss. In Form eines Architektenwettbewerbs für den Innenausbau und die kulturellen Nutzungen sowie für die Fassade, die nicht dem Spendensammler Wilhelm von Boddien überlassen bleiben darf.

Auch die Baukosten müssen in deutlicher Form auf den Tisch. Trägt das, gibt es wohl keine Alternative zur Schlosslösung. Bleibt das alles nur gespenstisch, muss eine andere neue folgen.

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