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berlin wird rot-rotBier macht nüchtern

Die Ampelkoalition in Berlin ist gescheitert. Die Verhandlungsführer konnten sich nicht einigen, ob Bier in der Kneipe künftig ein paar (Steuer-)Pfennige teurer wird. Die Verhandlungen wären allerdings sowieso irgendwann geplatzt – an der Verkehrspolitik. Oder an der Bildung. Oder an allgemein mieser Stimmung. Denn die Berliner Grünen und die FDP verbindet, außer wechselseitiger Abneigung, nichts. Die Ampel war ein Oktroi von Kanzler Schröder, der Rot-Rot verhindern wollte. Doch bundespolitische Machttaktik ist das eine – Stadtpolitik etwas anderes. Und dort trennt FDP und Grüne so viel wie CDU und PDS.

Kommentarvon STEFAN REINECKE

Nun sind Grüne, FDP und SPD sehr, sehr beleidigt. Das zeigt, was uns erspart bleibt: ein kompromissunfähiger Senat, der sich (zu Recht) selbst nicht ertragen hätte. Loben wir also die FDP für ihre prinzipienfeste Haltung, lieber den Kommunisten die Hauptstadt zu überlassen als die Biersteuer zu erhöhen, und wenden uns der Frage zu: Was bedeutet all das über Berlin hinaus? Der Kanzler, der zusammenzwingen wollte, was nicht zusammenpasst, mag lernen, wie vorsichtig man solche Einmischungen von oben dosieren muss. Wer heimlich von einer Ampel im Bund 2002 träumt, ist seit gestern um die Erfahrung einer Niederlage reicher. Denn auch wenn man berücksichtigt, dass die Grünen in Berlin besonders links, die Liberalen besonders rechts sind – es ist wieder mal klar geworden, wie zerbrechlich dieses Konstrukt ist.

Jetzt steht Rot-Rot an – im Grunde das Bündnis von zwei sozialdemokratischen Parteien. Vielleicht wird der Albtraum der Konservativen doch noch Wirklichkeit: Die PDS regiert in der Hauptstadt. Aber auch in Bayern wird man irgendwann zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Kalte Krieg vorbei und die routinierte antikommunistische Rhetorik museumsreif ist. Die identitätspolitischen Symbole werden verblassen, auch wenn Gysi mitregiert. Sie wirken angesichts des Finanzkraters im Berliner Etat irgendwie vorgestrig.

Rot-Rot wird nicht nur die konservativen Fundis ernüchtern, sondern auch manche Linke. Denn Rot-Rot ist vor allem eine aus der Not geborene, pragmatische Koalition. Sie wird kein linkes Reformbündnis, kein symbolisches Ende der Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung, sondern ein Sparsenat. Ein rot-roter Senat wird kein Projekt, so wie Rot-Grün es einmal war. Rot-Rot wird, bestenfalls, eine hübsche Pointe: die Normalisierung der PDS durch den Zwang zum Verzicht.

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