Zyklon in Südostafrika: Millionenschaden durch „Freddy“

Ein schwerer Tropensturm setzt Malawis zweitgrößte Stadt Blantyre unter Wasser. Verwüstungen gibt es auch in Mosambik und Madagaskar.

Männer bergen nach schweren Regenfällen Teile aus ihrem zerstörten Haus

Männer bergen nach schweren Regenfällen Teile aus ihrem zerstörten Haus in Malawi Foto: Thoko Chikondi/ap

LILONGWE/MAPUTO taz | Die schwersten Auswirkungen des Klimawandels treffen Länder, die am wenigsten dafür können – diese Erkenntnis ruft jetzt der Tropensturm „Freddy“ mit den Zerstörungen, die er auf Madagaskar, in Mosambik und vor allem in Malawi angerichtet hat, erneut in Erinnerung.

Der Zyklon bildete sich Mitte Februar mitten im Indischen Ozean rund 1.500 Kilometer nordöstlich der zu Mauritius gehörenden Insel Rodrigues. Auf seinem verschlungenen Weg, der ihn über Madagaskar und Mosambik kurz bis nach Simbabwe hinein, dann wieder hinaus aufs Meer und schließlich wieder zurück über Mosambik bis nach Malawi führte, hat „Freddy“ beständig an Fahrt aufgenommen und sich mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 270 Stundenkilometern in der Spitze in einen der schwersten und langlebigsten Wirbelstürme in der Geschichte des südöstlichen Afrika ausgeweitet. Bis Mittwoch hat er nach offiziellen Angaben 263 bestätigte Tote gefordert, 225 davon in Malawi.

Malawi leidet bereits unter der aktuell schwersten Cholera-Epidemie Afrikas, mit bislang 1.612 bestätigten Toten bei über 51.500 Erkrankungen seit Jahreswechsel

Am vergangenen Samstag traf der Sturm zum zweiten Mal auf den afrikanischen Kontinent, mit heftigen Regenfällen und schweren Überschwemmungen vor allem in der zentralmosambikanischen Provinz Zambezia. Telefon- und Stromleitungen wurden zerstört. Dann zog der Sturm in den Süden von Malawi weiter. In ländlichen Gebieten sorgte er für Erdrutsche. In Blantyre, Malawis zweitgrößte Stadt und wirtschaftliches Zentrum des Landes, gab es schwere Überschwemmungen, mit bis zu 29 Zentimetern Regen an einem Tag und 98 Toten allein in Blantyre. Die Regierung rief den Notstand aus, seit Montag sind in allen Risikogebieten die Schulen geschlossen.

Übertragungsgefahr des Cholera-Erregers

Malawi leidet bereits unter der aktuell schwersten Cholera-Epidemie Afrikas, mit bislang 1.612 bestätigten Toten bei über 51.500 Erkrankungen seit Jahreswechsel. Neue Fluten und Überschwemmungen dürften die Bemühungen der vergangenen Wochen, Menschen vor verunreinigtem Wasser und damit der Übertragung des Cholera-Erregers zu schützen, wieder zunichtemachen. „Niemand sollte im Jahr 2023 an Cholera sterben, und die Welt kann und muss Malawiern in ihrer Not zur Seite stehen“, sagt Rebecca Adda-Donton, UN-Koordinatorin in Malawi. Zusätzlich leben 3,8 Millionen Menschen, rund ein Fünftel der Bevölkerung Malawis, aktuell aufgrund einer vorhergegangenen Dürre, die im vergangenen Jahr Ernten vernichtete, in Ernährungsunsicherheit.

Auch in Mosambik wütet Cholera in einigen Landstrichen, mit 37 Toten bis Anfang März. Schwere Regenfälle hatten vor „Freddy“ in der laufenden Regenzeit bereits mindestens 93 Tote gefordert. Am 24. Februar brachte der neue Sturm bei seinem ersten Eintreffen in Mosambik weitere Regenfälle von bis zu 50 Zentimetern. Die weiteren Durchzüge des Sturms verschlimmerten die Lage. Über 27.000 Häuser wurden zerstört, darunter Schulen und Gesundheitszentren, 18.700 Hektar Ackerland komplett überflutet. Mosambiks Katastrophenschutzbehörde zählt über 166.600 direkte Betroffene von „Freddy“.

Noch mehr Betroffene, nämlich 299.000 laut UNO, zählt Madagaskar, wo „Freddy“ am 21. Februar eintraf und über 28.800 Häuser zerstört hat. Die Böden der betroffenen Gebiete im Südosten der Insel waren bereits vollgesogen mit Wasser, Ergebnis des Wirbelsturms „Cheneso“, der dort im Januar mindestens 33 Menschen tötete. „Freddy“ hat in Mosambik bislang mindestens 21 Tote gefordert, auf Madagaskar mindestens 17.

„Mosambik und Malawi gehören zu den Ländern, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind. Aber mit voller Härte treffen auf sie Stürme, die intensiver werden, als Folge der größtenteils von Co2-Emissionen der reichsten Länder verursachten Erderwärmung“, ärgert sich Tigere Chagutah aus Südafrika, Direktor für das östliche und südliche Afrika bei Amnesty International.

Internationale Rettungsaktionen gefordert

Chagutah fordert nun die Regionalorganisation SADC (Southern Africa Development Community) dazu auf, gemeinsam mit internationalen Partnern Ressourcen für Rettungsaktionen zu mobilisieren. „Der Fokus muss darauf liegen, Leben zu retten und denjenigen zu helfen, die ihre Lebensgrundlage verloren haben, in einer mit den Menschenrechten kompatiblen Weise“, sagt er. SADC ist bereits mit einer 2.000 Soldaten starken Eingreiftruppe in Mosambiks Norden aktiv, wo die Regierung gegen islamistische Aufständische kämpft und viele Vertriebene in Lagern leben, die einem Sturm nicht standhalten.

Nach seinem Durchzug durch Malawi überquert „Freddy“ aktuell erneut Mosambik auf seinem hoffentlich endgültigen Weg zurück hinaus aufs Meer. Die maximale Windgeschwindigkeit hat sich auf rund 190 Stundenkilometer verringert, aber dennoch werden in seiner Folge weitere schwere Regenfälle befürchtet. In der Küstenstadt Quelimane regnet es bereits ununterbrochen seit dem vergangenen Freitag.

Den bisher schwersten Wirbelsturm erlebte das südöstliche Afrika im Jahr 2019. Sturm „Idai“ forderte über 1.500 Tote, 905 davon in Mosambik.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.