Hilfe für Malawi gesucht: 500 Tote, 500.000 Obdachlose

„Die Bedürfnisse wachsen stündlich“, warnen die UN eine Woche nach dem verheerenden Tropensturm „Freddy“. Vor allem Kinder sind betroffen.

Eine Frau im Schlamm, mit kaputten Möbeln, darüber Wäscheleinen

Weiterleben im Matsch: Phalombe, Süd-Malawi Foto: Thoko Chikondi/ap

LILONGWE taz | Humanitäre Helfer befinden sich in Malawi in einem Wettlauf gegen die Zeit beim Versuch, die katastrophalen Folgen des Tropensturms „Freddy“ zu bewältigen. Die Zerstörung sanitärer Einrichtungen und der Versorgung mit sauberem Trinkwasser erhöht das Risiko von Cholerainfektionen dort, wo viele Häuser von den Fluten des Sturms hinweggeschwemmt wurden und ihre Bewohner jetzt in improvisierten Lagern unterkommen müssen.

Diese Menschen hatten immerhin noch Glück im Unglück. Die Zahl der bestätigten Toten des Wirbelsturms in Malawi hat mittlerweile 499 erreicht und dürfte weiter steigen, da 427 Menschen noch vermisst werden und einige Gebiete nach pausenlosem Regen und brutalen Sturmböen von der Außenwelt abgeschnitten bleiben. Mindestens 1.300 Verletzte wurden bisher verzeichnet.

101.648 Haushalte, also über 500.000 Menschen, sind nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde Dodma in 534 Lagern untergebracht, nachdem der längste Tropensturm in der Geschichte der Region sie obdachlos gemacht hat.

Die Lager könnten nun Epizentren für Cholera werden, befürchtet das Rote Kreuz. Die Cholera hat seit Ende 2022 in Malawi bereits über 1.600 Tote gefordert.

„Wir müssen schnell reagieren und sicherstellen, dass die Menschen Zugang zu sauberem und sicherem Trinkwasser haben, damit die Cholera nicht außer Kontrolle gerät“, sagt John Roche, Leiter der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) für Malawi, Sambia und Simbabwe und lancierte einen Hilfsappell für 6 Millionen Schweizer Franken zur Versorgung von 160.000 Menschen in den fünf am schwersten betroffenen Distrikten. Das Rote Kreuz von Malawi (MRCS) arbeite in den Lagern unter erschwerten Bedingungen.

„Die Bedürfnisse wachsen stündlich“, sagt auch António Vitorino, Generaldirektor der UN-Migrationsorganisation IOM (Internationale Organisation für Migration). Sofortige lebensrettende Hilfe werde benötigt, aber auch die Entwicklung dauerhafter Lösungen zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels.

Hunderte Schulen zerstört oder unerreichbar

Der Sturm hat in Malawi, einem der ärmsten Länder der Welt, auch das Bildungssystem, in die Krise gestürzt. Viele der Toten sind Kinder, ebenso rund 140.000 der 500.000 Vertriebenen in Lagern. Rund 490.000 Kinder, rund 5 Prozent aller Schulkinder in Malawi, können nun wegen der Sturmschäden nicht mehr zur Schule gehen, warnt das Hilfswerk Save the Children.

Viele Schulgebäude sind entweder zerstört oder wegen weggespülter Straßen nicht mehr erreichbar. 230 Schulen dienen jetzt als Lager für vertriebene Flutopfer.

Die wegen des Sturms in weiten Landesteilen geschlossenen Schulen sollten eigentlich am Montag dieser Woche wieder öffnen, aber das hat sich als unrealistisch erwiesen. Der Öffnungstermin wurde inzwischen auf den 17. April gelegt. Die Schulschließungen wegen „Freddy“ kommen zusätzlich zu denen wegen der Cholera und wegen Covid-19 in der jüngsten Vergangenheit.

Eine ungestörte Schulbildung gibt es also schon seit Jahren nicht mehr. „Die Kinder in Malawi haben so viel durchgemacht, sie müssen zurück ins Klassenzimmer“, sagt Ashebir Debebe, Landesdirektor von Save the Children: „Das Recht auf Bildung wird leider selten als Priorität anerkannt.“

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