Zwischennutzung: Sportgeräte statt Kultur

Dem „Alten Sportamt“ auf dem Peterswerder droht die Schließung: Der soziokulturelle Verein muss voraussichtlich Platz für ein Gerätelager machen.

Aus dem "Alten Sportamt" soll ein Lagerraum werden Bild: Jan-Paul-Koopmann

BREMEN taz | Das selbstverwaltete Kulturzentrum „Altes Sportamt“ auf dem Peterswerder macht Winterpause: Künstlerateliers, Theaterproberaum und Flure sind leergeräumt, einzig im Umsonstladen liegen noch unverschenkte Klamotten und Bücher. Ob es im kommenden Sommer eine weitere Saison geben wird, ist allerdings noch ungewiss. Denn anstelle von Kunstprogramm, Café und Partys könnte das Gebäude dann eingelagerte Sportgeräte beherbergen.

Entschieden wird das derweil von der städtischen Verwaltungsgesellschaft „Immobilien Bremen“ (IB). Das Gebäude stand viele Jahre leer, bis der Verein „Klapstul“ kam. Seit 2011 ist er Zwischennutzer des Gebäudes – aktiv allerdings nur in den Sommermonaten, weil das Gelände nahe des Weserstadions als ausgewiesenes Überschwemmungsgebiet im Winter nicht genutzt werden darf.

Im vergangenen Sommer haben rund 30 Aktive im Alten Sportamt Veranstaltungen für unzählige BesucherInnen gemacht – eine bunte Mischung aus Szenepublikum, DeichspaziergängerInnen bis hin zu Menschen, die anderswo als MigrantInnen oder Mittellose nicht reinkämen. „Uns war immer wichtig, den Zugang niedrigschwellig zu halten“, sagt eine der BetreiberInnen. Darum kosten die Veranstaltungen grundsätzlich keinen Eintritt.

So sonderbar es klingen mag, solch einen Ort für ein Sportgerätelager aufzulösen: Es geht bei diesem Vorstoß offenbar nicht darum, den Verein loszuwerden: Er genießt einen guten Ruf in Nachbarschaft und Politik – und grundsätzlich gewollt ist die Zwischennutzung von Leerständen durch solche Gruppen sowieso. Immerhin arbeitet die 2009 gegründete ZwischenZeitZentrale (ZZZ) längst in offiziellem Auftrag, wenn sie neben zahlreichen weiteren Projekten auch das „Alte Sportamt“ an vorübergehende NutzerInnen vermittelt.

Es sieht hier eher nach den nüchternen Wegen eines Verwaltungsapparats aus, der „die ursprünglich für dieses Gebäude vorgesehenen Nutzergruppen bevorzugt berücksichtigen“ muss, wie die Baubehörde dem Klapstul-Verein mitteilte. Und der Weg vom Sportamt zu Lagerraum für Sportgeräte scheint dann kürzer zu sein als jener zum Kulturzentrum.

Nun liegt es freilich in der Natur von Zwischennutzungen, dass sie irgendwann auch wieder vorbei sind. Verärgert sind die Kulturschaffenden allerdings auch eher, weil niemand mit ihnen spricht: Über das Lager hatten sie zunächst nur Gerüchte gehört. Dass der Plan für die neue Nutzung „grundsätzlich richtig“ sei, hat ihnen die Baubehörde erst auf Nachfrage bestätigt. „Denen ist egal, ob wir‘s als Letzte mitbekommen“, sagt der Verein zur taz. „Die halten uns hin.“

In jeder der vergangenen Winterpausen mussten die ZwischennutzerInnen zittern, bis das Verlängerungsverfahren durch war: Erst prüfte die Baubehörde, ob eine weitere Nutzung geduldet werden konnte, dann musste Immobilien Bremen den Startschuss geben. Im vergangenen Jahr ist das erst im April passiert: „Wenig Zeit, um ein Programm auf die Beine zu stellen“, sagen die NutzerInnen.

Von IB hat der Verein in diesem Jahr noch keine Auskunft erhalten. Im internen Schriftverkehr der Verwaltung hieß es allerdings schon im Dezember, dass „alles Vertragsrelevante“ für eine Vergabe in Erbpacht vorbereitet werde – für den Klapstul-Verein stünde das Sportamt ab Frühjahr „wahrscheinlich nicht mehr zur Verfügung“. Zum offiziellen Stand der Prüfungen konnten sich die SprecherInnen von Baubehörde und IB vor dem Wochenende aber auch gegenüber der taz nicht äußern.

Aufgeben wollen die NutzerInnen indes noch nicht: „Im Konflikt Kulturzentrum vs. Lagerraum fühlen wir uns ganz gut aufgestellt“, sagt einer, der von Anfang an dabei war. Aber selbst wenn es noch einmal gut gehen sollte, haben die Sportamt-NutzerInnen nach vier Jahren keine große Lust mehr auf Perspektivlosigkeit und Planungsunsicherheit. Die Zwischennutzung war auch für sie eine Notlösung: als ihr einziges Mittel, der Privatisierung des öffentlichen Raums etwas entgegenzusetzen. Raus aus der Zwischennutzung wollen sie eigentlich auch selbst – nur aus dem Sportamt nicht.

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