Zweitliga-Aufsteiger KSC und Arminia: Raus aus der Pleiteliga
Arminia Bielefeld und der KSC stehen als Zweitliga-Aufsteiger fest. Sie entkommen einer Spielklasse, in der meist ums Überleben gekämpft wird.
Als der Schlusspfiff auf der Bielefelder Alm ertönte, gab es kein Halten mehr. Die Fans der Arminia, die soeben mit einem 1:0-Erfolg über den VfL Osnabrück den vorzeitigen Aufstieg in die zweite Bundesliga perfekt gemacht hatte, strömten auf den Platz und feierten Mannschaft und Trainer Stefan Krämer. Der sportliche und finanzielle Niedergang der vergangenen Jahre scheint mit einem Schlag gestoppt, die Erinnerung daran trat im Moment des Sieges hinter einen rauschenden Schleier.
Dabei hätte ein Blick auf die andere Seite genügt, um sich noch einmal zu vergegenwärtigen aus welch misslicher Lage man sich vorerst befreit hatte. Da standen die Spieler aus Osnabrück, die 6.000 mitgereisten Fans sowie Trainer Klaus-Dieter Wollitz, der nach dem Spiel seinen Rücktritt zum Saisonende verkündete, und konnten ihr Unglück kaum fassen.
Nach einer Saison, in der man lange ganz oben stand, hat es der VfL nun nicht mehr selbst in der Hand, wenigstens noch den Relegationsplatz drei zu erreichen, den nun der 1. FC Heidenheim innehat. Mit der Enttäuschung über den womöglich verspielten Aufstieg mischt sich die Angst um das Überleben des finanziell schwer angeschlagenen Klubs.
Während Bielefeld und der punktgleiche Karlsruher SC gestern jubelten, der Pleiteliga drei entkommen zu sein, ist in Osnabrück die Finanzierung einer weiteren Drittligasaison mehr als fraglich. Wäre ein Aufstieg in Liga zwei, dank der zehnmal höheren TV-Einnahmen womöglich zu stemmen gewesen, hat der Deutsche Fußball-Bund vom Verein eine Liquiditätsreserve von 1,7 Millionen Euro als Bedingung für die Erteilung der Drittligalizenz gefordert.
500 lebenslange Dauerkarten
Die Vereinsverantwortlichen reagierten wie üblich: Sie versuchen die Fans anzuzapfen und 500 lebenslange Dauerkarten zu verkaufen. Dass die Fans aber nicht alljährlich ihre krisengeschüttelten Vereine retten können, zeigt sich gerade in Offenbach. Die Kampagne „Wir für die Kickers“, die seit einem Monat um Spenden und Aktionen für den schwer angeschlagenen Verein bettelt, hat gerade einmal 5.000 Euro zusammenbekommen.
Doch den Klub, der durch einen 1:0-Erfolg über Wiesbaden sportlich den Klassenerhalt sichern konnte, plagen Verbindlichkeiten in Höhe von 9 Millionen Euro, von denen kurzfristig zwei Millionen aufgebracht werden müssen. Im OFC-Präsidium bleibt nur noch die Hoffnung, dass die Gläubiger angesichts des drohenden Totalverlusts ihrer Einlagen noch einmal Geld nachschießen. Will man die Lizenz für die kommende Drittligasaison erhalten, müssen weitere 3 Millionen Euro aufgetrieben werden.
Die Extrembeispiele Osnabrück und Offenbach, zu denen auch die insolvente und sportlich abgestiegene Alemannia aus Aachen gehört, stehen für eine Liga, in der die Hälfte aller Vereine der Lizenzierung mit angstvollem Grauen entgegensieht. Die Auflagen des DFB für die dritte Profiklasse sind hoch, doch Geld verdienen kann man dort kaum.
Viele Klubs sind auf Unwägbarkeiten, wie die Qualifikation für die erste Runde des DFB-Pokals angewiesen und können Rückschläge kaum verkraften. So verlor Wacker Burghausen am vergangenen Donnerstag das Landespokalfinale gegen den TSV Rosenheim nach Elfmeterschießen und damit etwa 150.000 Euro.
Freiwilliger Rückzug
Nun denkt der schuldenfreie Verein über einen freiwilligen Rückzug aus der Liga nach. Was Burghausen im Vergleich mit einem Verein wie Arminia Bielefeld, der vor drei Jahren nur wegen eines Darlehens der Stadt die Zweitligalizenz erhalten hat, gewiss fehlt, ist der Status einer großen Fanbasis. Denn sind die Fanressourcen erst einmal verbraucht, bleiben in letzter Instanz nur noch die Kommunen, um die Vereine vor dem Absturz zu bewahren.
Der DFB, der sein Produkt Liga drei weiter als Erfolgsrezept verkauft, erkennt nur langsam, dass es so nicht weitergehen kann. Ein erster Schritt, immerhin: Ab kommender Saison erhält jeder Drittligist, je nach Qualität der Nachwuchsausbildung, zwischen 50.000 und 175.000 Euro jährlich. In Bielefeld und Karlsruhe werden sie liebend gern darauf verzichten.
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