Zweitgrößtes Geldhaus verstaatlicht: Islands Bankenkrise trifft Skandinavien

Der florierende Finanzmarkt der Insel hat Investitionen aus vielen Ländern angezogen. Jetzt wird verstaatlicht.

"Wir riskieren, dass unser Land konkursgeht": Islands Premier Geir Haarde Bild: dpa

STOCKHOLM taz Die Finanzkrise Islands spitzte sich am Dienstag weiter dramatisch zu. Reykjavík sah sich gezwungen, die Landsbanki, die zweitgrößte Bank des Landes, in staatliche Regie zu übernehmen. Begründet wurde das mit der Notwendigkeit die Funktionsfähigkeit des einheimischen Bankensystems aufrechtzuerhalten. Die gesetzliche Grundlage dafür hatte das Parlament wenige Stunden vorher mit der Verabschiedung eines Notstandsgesetzes geschaffen, das es ermöglicht, bei Bedarf das gesamte isländische Bankenwesen zu verstaatlichen. Nachdem in der vergangenen Woche bereits die in Schieflage geratene Glitnir, die drittgrößte Bank, teilverstaatlicht worden war, ist nun nur noch Kaupthing, die größte Bank des Landes, selbständig. Der musste die Zentralbank aber bereits einen "Notkredit" in Höhe von einer halben Milliarde Euro gewähren.

"Wir riskieren, dass unsere ganze Volkswirtschaft in den Strudel der Finanzkrise gezogen wird und unser Land konkursgeht." Mit der Gefahr eines ansonsten drohenden Staatsbankrotts hatte Islands Ministerpräsident Geir Haarde am Montagabend in einer Rede an die Nation diese weitreichenden Maßnahmen gerechtfertigt. In den letzten Tagen hatte sich auf der Nordatlantikinsel eine lange köchelnde selbstgemachte Finanzkrise durch die globale Finanzunruhe hochgeschaukelt. Und war durch den Absturz des Kurses der isländischen Währung ganz außer Kontrolle geraten. Die Krone hatte allein am Montag 20 Prozent und hat binnen eines Jahres mehr als die Hälfte ihres Werts gegenüber Euro und Dollar verloren.

Der Finanzsektor Islands hat sich explosionsartig entwickelt. Das Bilanzvolumen der drei größten Banken beläuft sich jetzt auf das Zehnfache des isländischen Bruttonationalprodukts. Die Institute hatten lange erfolgreich und vorwiegend mit im Ausland geliehenem Kapital auf dem internationalen Parkett expandiert.

Nicht nur Island drohen die Banken damit in die bislang schwerste Krise seiner Geschichte zu ziehen. Sie sind vor allem in Großbritannien und Skandinavien mit eigenen Töchtern aktiv, die Hunderttausende KundInnen haben. Über ein Netz von Beteiligungen haben sie und andere isländische Unternehmen in Warenhausketten, Medienunternehmen, Fluggesellschaften und Versicherungen investiert.

Mit einer staatlichen Einlagensicherung in unbegrenzter Höhe und einem festen Wechselkurs versuchen Regierung und Zentralbank das Finanzsystem zu stabilisieren. Die Hilfe dafür soll aus Moskau kommen. Über einen russischen Kredit in Höhe von 3 bis 4 Milliarden Euro werde verhandelt.

REINHARD WOLFF

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