Zweistaatenlösung in Nahost: Potenzial in Richtung Frieden
Netanjahu lehnt die Zweistaatenlösung ab. Für Regierungschefs des Westens bleibt sie die einzige Perspektive. Sie sollten den Druck erhöhen.

A m Sonntagabend hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erneut seine Ablehnung der Zweistaatenlösung deutlich gemacht: Es werde mit ihm keinen Kompromiss geben bezüglich „Israels Sicherheitskontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordans“.
Dass Israel großen Wert auf Sicherheit legt, ist verständlich, nicht nur nach dem 7. Oktober, sondern auch nach all den kleinen Terroranschlägen, die das Land seit ewig erschüttern. Doch der israelische Regierungschef ignoriert, dass Gewalt ein Kreislauf ist und dass blinde Härte nicht unbedingt zum Ergebnis führt. Wer nichts zu verlieren hat – und das trifft ob der trostlosen politischen Lage, der umfassenden Perspektivlosigkeit und der bröckelnden Wirtschaft auf immer mehr Palästinenserinnen und Palästinenser zu –, ist anfälliger für radikales Gedankengut, für das Töten anderer Menschen und das Opfern des eigenen Lebens.
Dass der Konflikt im Nahen Osten seit Jahren nur noch verwaltet wird – mit wenig Bereitschaft zur Lösungsfindung auf beiden Seiten –, zeigt sich auch in Zahlen: Die palästinensische Autonomiebehörde, trotz gewaltvoller Vergangenheit im Vergleich zur Hamas moderat und in Teilen ein Kooperationspartner Israels, genießt im Westjordanland kaum noch Zustimmung. Gäbe es Wahlen, würde die Hamas sie wohl haushoch gewinnen.
Am Ende sind es dennoch recht wenige Menschen, die bereit sind, ihr ganzes Leben einer radikalen Ideologie zu schenken. Die Mehrheit möchte arbeiten, eine Wohnung kaufen, heiraten, Kinder und Enkelkinder bekommen – eine Perspektive haben. Für die meisten Palästinenserinnen und Palästinenser gehört dazu auch ein eigener Staat.
Dieses Potenzial für einen Weg in Richtung Frieden darf nicht ignoriert werden. Die Verbündeten Israels – vor allem Deutschland und die USA – müssen Netanjahu mithilfe der Diplomatie Grenzen aufzeigen. Die Zweistaatenlösung gilt ihnen noch immer als unveränderliches Prinzip im Nahen Osten. Der anhaltenden Abwendung ihres Verbündeten von diesem Prinzip müssen sie gegensteuern.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier