Zweckentfremdung von Wohnraum: Kaum legale Ferienwohnungen
38.000 Touristenappartements gibt es in Berlin – genehmigt sind 600. Den Bezirken fehlt die Technik, um illegale Angebote aufzuspüren.
Laut einer Kleinen Anfrage des BSW-Abgeordneten Alexander King wurden seit Ablauf der Übergangsfrist 2016, in der bestehende Ferienwohnungen noch geduldet wurden, lediglich 4.785 Anträge auf Vermietung einer Ferienwohnung gestellt. Etwa die Hälfte der Anträge entfallen auf den Bezirk Mitte, in Friedrichshain-Kreuzberg waren es 464.
Genehmigt wurden dagegen stadtweit innerhalb von acht Jahren nur 600 Wohnungen, wie die Senatsverwaltung für Stadtverwaltung auf Anfrage der taz mitteilt. Etwa gleichauf liegen hier die Bezirke Pankow mit 120, Friedrichshain-Kreuzberg mit 114 und Mitte mit 112 bewilligten Anträgen.
Tatsächlich ist die Zahl der beantragten Ferienwohnungen noch höher, als der Senat sie aufführt. So zählt der Jahresbericht des Landesrechnungshofes von 2024, der der unzureichenden Verfolgung illegaler Ferienwohnungen ein ganzes Kapitel widmet, zwischen 2018 und 2022 knapp 3.400 Anträge, davon 946 in Friedrichshain-Kreuzberg.
Laut dem zuständigen Bezirksstadtrat Oliver Nöll (SPD) werden bei dieser Statistik – anders als bei den Senatszahlen – auch die Anträge für Ferienwohnungen in eigens genutzten Haupt- oder Nebenwohnungen mitgerechnet.
Scraping-Software fehlt
Unabhängig von der genauen Anzahl der Anträge ist die Zahl der Genehmigungen gering. 114 hält Nöll für „eine realistische Größe“ in seinem Bezirk. Sicher ist damit: Die Anzahl illegaler Ferienwohnungen übersteigt die der genehmigten um ein Vielfaches. Für Alexander King steht fest: „Offensichtlich funktioniert die Umsetzung des Gesetzes nicht. Für eine Stadt mit diesem Wohnungsmangel ist das ein Skandal.“
Es fehle an einer „systematischen, groß angelegten softwaregestützten Verfolgung des Ziels, Wohnraumzweckentfremdung aufzudecken“, sagt King. Der Senat hatte dies einst in Aussicht gestellt und auch ins Gesetz geschrieben: „Die automatisierte Auswertung öffentlich zugänglicher Daten der Online-Plattformen ist unumgänglich.“
Leicht herausgefiltert werden könnten dann all jene Angebote auf Seiten wir Airbnb, die keine von den Bezirken vergebene Registrierungsnummer haben. Geliefert hat der Senat laut Nöll aber nicht. Der Bezirk solle nun „nicht mehr länger warten, sondern prüfen, welche Software wir einsetzen können“.
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