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Zwangsräumungen in HamburgMehr vor die Tür gesetzt

Um 20 Prozent ist die Zahl der Zwangsräumungen 2024 in Hamburg gestiegen. Die Linke kritisiert vor allem den städtischen Wohnungskonzern.

Hat in Hamburg 2024 um 20 Prozent zugenommen: Zwangsräumungen Foto: Monika Skolimowska/dpa

Hamburg taz | Mehr als 1.200 Hamburger Haushalte mussten im vergangenen Jahr unfreiwillig ihre angemieteten vier Wände verlassen: Die Zahl der gerichtlich angeordneten Zwangsräumungen ist 2024 um knapp 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das teilte der Senat auf eine Anfrage der Linksfraktion mit.

Zuletzt war diese Zahl 2019 so hoch. „Es macht mich wirklich fassungslos, dass die Anzahl der Zwangsräumungen so stark zunehmen konnte“, sagt die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Olga Fritzsche.

Besondere Kritik von der Linksfraktion erhält dabei das städtische Wohnungsunternehmen Saga. „Jede fünfte Räumung geht auf das Konto der Saga“, erklärt Fritzsche. Dabei trägt das Unternehmen als kommunaler Wohnungskonzern soziale Verantwortung. Hier müsse der rot-grüne Senat seinen Einfluss stärker geltend machen: Die Gründe für den Wohnungsverlust seien mit Sicherheit vielfältig, stünden aber häufig am Beginn einer jahrelangen Obdachlosigkeit. Dies zu verhindern, müsse demnach Priorität haben.

Auch ein Sprecher der Saga erklärt auf Nachfrage, dass die Gründe der bei ihr durchgesetzten Zwangsräumungen vielfältig seien und erst am Ende schriftlicher Aufforderungen, Abmahnungen und persönlicher Gespräche stünden. Indes: „Für die Durchführung einer Räumung – die immer das letzte mögliche Mittel ist – sprechen in der Regel eine Vielzahl von Gründen.“ Die Saga versuche aber, die Mietverhältnisse bei unverschuldeten Zahlungsausfällen zu halten, solange die MieterInnen an einer Lösung mitwirkten.

Lange Wartelisten bei den Fachstellen für Nothilfe

Neben der wachsenden Zahl von Zwangsräumungen kritisiert die Linke die ebenso wachsende Zahl auf den Wartelisten der Fachstellen für Wohnungsnotfälle. Dort befinden sich aktuell 1.800 Haushalte, die auf einen Platz in einer öffentlichen Unterkunft warten. Im Oktober waren es noch 400 weniger.

Hier müsse der Senat dringend handeln: „Das kann man doch nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen und so tun, als sei ­alles in bester Ordnung“, sagt Fritzsche. Der Senat müsse diese Fachstellen personell besser aufstellen, ihnen aber auch mehr Möglichkeiten an die Hand ­geben, um Unterkünfte und Wohnraum vermitteln zu können. „Der Senat muss endlich in die Pötte kommen.“

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3 Kommentare

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  • „Jede fünfte Räumung geht auf das Konto der Saga“

    Fast jeder prekärer Mieter wird über die SAGA GWG versorgt. Ohne diese SAGA gebe es noch Tausende Menschen mehr auf der Straße. Viele schwierige Biographien kommen überhaupt erst wieder in eine Wohnung, weil die SAGA GWG solche Risiken eingeht, im Gegensatz zu privaten Vermietern.

    Natürlich soll das Unternehmen daran arbeiten, nicht zwangszuräumen. Aber irgendwo stimmt diese fundamentale Kritik der Linken so auch nicht. Selbst wenn die Linken in die Regierung eintreten würden, wären diese schwierigen Entscheidungen ziemlich ähnlich.

    Und die Stadt baut, vielleicht noch nicht genug, aber es gibt neue Siedlungen. Da könnte die Regierung noch mehr tun, das stimmt. Aber das wird durch hohe Kosten und Bürokratie auch begrenzt bzw. verlangsamt. Es ist nicht nur politisch in HH gemacht.

  • Damit es zu einer Zwangsräumung kommen kann, wird erstmal monatelang keine Miete bezahlt, nicht auf Briefe und Mahnungen reagiert. Typischerweise zieht sich das mindestens 1-2 Jahre hin. Oftmals zahlt das Amt die Miete, die aber nicht beim Vermieter ankommt.



    Wie lange soll ein Vermieter den Mietausfall denn hinnehmen? Lebenslang?

  • da hilft nur eins: am 2.3. LINKE wählen ...



    das ist die einzige partei, die mieten + wohnen anständig auf dem zettel hat + den BürgerInnen zuhört.